Seitenanfang:

Link zum InhaltLink zum MenüLink zur Suche

Inhalt:

Rubrik: Leichter Lesen
12. Januar 2003

Was darf die Sachwalterschaft?

von Franz Hoffmann, Gerhard Wagner

Schon seit vielen Jahren gibt es die Sachwalter, die sich rechtlich um jene Leute kümmern sollen, die sich im Alltag schwer tun.

Die Rechtsanwältin Dr. Helga Wagner berichtet: 1983 wurde in Österreich das Gesetz über die Sachwalterschaft eingeführt: Seit damals ist es möglich, dass die Sachwalterschaft nur auf einzelne Bereiche eingeschränkt wird. Manche Verschwender zum Beispiel geben ihr Geld so schnell aus, dass sie bald überhaupt nichts mehr haben. Diese werden dann nur in Geldangelegenheiten einen Sachwalter haben, nicht aber in allen anderen Angelegenheiten.
Es gibt eine breite Palette von Möglichkeiten: Manche Menschen brauchen einen Sachwalter für alle Angelegenheiten des Lebens. Als Belohnung bekommt ein Sachwalter übrigens bis zu fünf Prozent vom Vermögen seines Klienten. (Klienten nennt man die "Kunden" eines Anwalts.)

Welche Möglichkeiten gibt es für Freunde und Angehörige?

Die Angehörigen sollten zwar als Sachwalter bestellt werden, das ist eine Empfehlung des Gesetzes. In der Praxis sieht das aber anders aus: Meist wird ein Rechtsanwalt bestellt, weil das Gericht sich dann sicherer fühlt. Das Gericht entscheidet über die Zuweisung der Sachwalterschaft.
Dann haben die Angehörigen kaum mehr Rechte. Früher konnten Familienangehörige, Nachbarn oder auch andere Änderungen herbeiführen. Das geht jetzt nicht mehr.

Miss-Stände von Sachwaltern

Frau Gerda Ressl vom Verein Behindertenombudsmann bestätigt das: Sie bringt Zeitungsartikel über Miss-Stände mit. Weil Außenstehende nicht mehr darauf aufmerksam machen können, gibt es noch mehr Miss-Stände. Diese sind sogar dem Justizministerium bekannt.
Die Gerichte verlassen sich auf die Anwälte oder die Mitglieder des Vereins für Sachwalterschaft. Wenn man etwas gegen vorherrschende Zustände sagt, wird das einfach nicht ernst genommen! Das Kontrollrecht ging dadurch völlig verloren. Das müsste man ganz dringend wieder einführen, sagt Frau Ressl:
"Mir kann niemand erklären, wie ein Anwalt, der Sachwalter von 700 Personen ist, sich um diese auch so kümmern kann, wie es notwendig ist!
Die Sachwalter müssen darauf sehen, wie die Menschen wohnen, wie sie medizinisch versorgt sind - das kann doch bei 700 Personen nicht funktionieren! Da gibt es ja gar kein persönliches Verhältnis!"

Auch das Vermögen ist weg

Auch Fälle gibt es, bei denen Sachwalter das Vermögen für sich verwenden, in einem Fall waren es sogar 315.000 Euro, das waren früher fast viereinhalb Millionen Schilling:
"Ich glaube, das kommt daher, dass es von außen so schwierig ist, etwas aufzudecken. Der behinderte Mensch hat keine Chance", sagt Frau Ressl.

Wer gerne weiterlesen will, bitte unten auf "Fortsetzung" klicken!

Ein Mann im Publikum spricht von seinem Sachwalter: Dieser wollte verhindern, dass er arbeiten kann. Erst nach vielen Bemühungen und Gesprächen mit einer Arbeitsassistentin konnte er schließlich davon überzeugt werden, dass er der Arbeit zugestimmt hat.
Es war deshalb schwierig, weil der Anwalt nur selten Zeit hat - und auch persönliche Gespräche gibt es kaum.
Viele Leute werden heute "besachwaltet", wahrscheinlich weil das einfacher ist, aber man sollte genauer prüfen, ob das wirklich immer in diesem Ausmaß notwendig ist.

Ausbildung für Sachwalter

Die Rechtsanwälte, die Sachwalter sind, brauchen eigentlich eine Ausbildung, meint die Anwältin Dr. Wagner:
Denn wenn sie Sachwalter werden, dann kommen sie als ein Fremdkörper in die Familie. Leicht kann es vorkommen, dass zum Wohl des Klienten dann so entschieden wird, dass es der Familie gar nicht recht ist. Das ist nicht einfach, und hier muss das Feingefühl geschult werden, wie man dann mit den Angehörigen am besten umgeht.

Vermögen nicht für den täglichen Bedarf

Oft wird den behinderten Menschen das Lebensgeld nicht dafür gelassen, was sie im Alltag gerne hätten. Dafür wird ein Vermögen angespart, von dem der Sachwalter dann mehr hat, erklärt Gerda Ressl: "Es werden nämlich Bausparverträge angelegt oder Aktien gekauft, mit denen der Mensch mit Behinderung gar nichts anfangen kann. Um jedes paar schönere Schuhe, um einen Internetanschluss oder was die Leute an Kleinigkeiten in ihrem Leben brauchen, muss dann gebettelt werden."
Denn wenn der Anwalt fünf Prozent des Vermögens bekommt, dann wird er darauf bedacht sein, dass das Vermögen möglichst hoch ist. So steigt auch der Verdienst des Sachwalters. Der Sachwalter aber sollte nicht die Möglichkeit bekommen, sein eigenes Einkommen auf diese Weise zu steigern - noch dazu so, dass die Betroffenen davon nichts haben!

Welchen Stellenwert haben die Betroffenen vor Gericht?

Wenn Klienten wollen, dass nahe Verwandte zum Sachwalter werden, dann ist das sehr schwierig. Denn wenn sie zur Gänze besachwaltet sind und das Gericht sagt, sie sind nicht einsichtsfähig (das heißt sie können nicht beurteilen, was gut für sie ist), dann können sie sich nicht durchsetzen.
Wenn jemand nur teilweise besachwaltet ist, dann kann er sich einen Vertreter nehmen, er ihn unterstützt. Und dann besteht schon die Möglichkeit, dass Verwandte bestellt werden, was ja auch im Sinn des Gesetz ist: Denn sie kennen ja die Bedürfnisse der Betroffenen am besten!
Für diejenigen, die das können, sollte es wieder ein Recht von Freunden oder von Angehörigen geben, Änderungen herbei zu führen.

Sendungsverantwortlich: Gerhard Wagner


Seitenanfang