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Rubrik: Leichter Lesen
09. April 2006

Neues Gesetz zur Sachwalterschaft

von Franz Hoffmann und Gerhard Wagner

2006: Über neue Entwicklungen berichtet eine Sendung von Freak-Radio. Es soll weniger Sachwalterschaften geben - und die Sachwalter sollen auch die Betroffenen persönlich kennen. Darüber diskutieren Experten in einer Freak-Radio-Sendung.

Was bisher geschah

Dies ist schon die zweite Sendung zur Sachwalterschaft von Freak-Radio. Drei Jahre zuvor wurde darüber gesprochen, dass es nur wenige Kontrollmöglichkeiten gibt. Freunde und Verwandte können dann kaum etwas machen, wenn es einmal nicht funktioniert.

Vor drei Jahren hat Freak-Radio berichtet, dass viel Geld ausgegeben wird. Aber die Menschen bekommen kaum etwas davon zum Leben. Auch wurde berichtet, dass manche Sachwalter mehr als tausend Klienten haben. (Klienten = Menschen, die einen Sachwalter haben.) Tausend Klienten können die Sachwalter dann unmöglich persönlich gut kennen. Noch mehr Sachwalter haben mehr als hundert Klienten. Persönliche Betreuung gibt es auch da nicht.

Das Gesetz soll ändern, was nicht gut funktioniert

Gerda Ressl arbeitet für den Verein Behindertenombudsmann. Sie berichtet, dass die Leute selbständiger geworden sind und aufmerksamer. Das heißt, sie lassen sich nicht mehr so viel gefallen. Aber konkret hat sich fast nichts geändert.

2006 hat das zuständige Ministerium ein neues Gesetz zur Sachwalterschaft geplant. Deshalb ist Dr. Stormann vom Justizministerium Gast. (Justiz = Recht und Gesetz) Er hat schon zehn Jahre davor kritisiert, dass man bei alten Menschen unnötig spart. Wenn sie tot sind, haben dann die Sachwalter sehr viel Geld für sie angespart. Davon haben sie nichts mehr. Im Leben davor haben sie aber viel zu wenig gehabt.

Das neue Gesetz soll das ändern, sagt der Vertreter des Ministeriums, Dr. Stormann. Die Sachwalter sollen nicht mehr so leicht viel Vermögen (=Geld) ansparen dürfen. Die Gerichte können das auch ändern. Aber nicht immer helfen die Gerichte dabei.

Wer kann eine Sachwalterschaft ausüben?

Monika Vyslouzil, eine Vertreterin des Vereins für Sachwalterschaft, war bei Freak-Radio zu Gast.
Ein bezahlter Sachwalter hat dort ungefähr 25 Sachwalterschaften und er hilft daneben auch noch 20 ehrenamtlichen Sachwaltern. Die bezahlten Sachwalter sind Psychologen oder Sozialarbeiter oder Juristen (=Rechtsexperten).

Gerichte bestellen auch oft Rechtsexperten, also Rechtsanwälte oder Notare: Diese sollen dann die Sachwalterschaft für behinderte Menschen übernehmen. Auch Angehörige werden bestellt. Dr. Stormann sagt, dass das bei jüngeren Menschen auch öfter der Fall ist. Aber auch bei alten Menschen sollen Verwandte oder Bekannte zu Sachwaltern werden. Das wäre besser. Es gibt viel zu wenige Vereinssachwalter, kritisiert Dr. Stormann vom Ministerium. In Österreich haben so viele Leute Sachwalter wie alle Einwohner St. Pöltens in Niederösterreich.

Zu viele Rechtsexperten als Sachwalter, zu viele Sachwalterschaften überhaupt

Die Gerichte sind auf Rechtsexperten ausgewichen. Ideal ist das nicht. Die Republik Österreich sollte besser auch andere Berufsgruppen unterstützen. Die Vertreter von Rechtsberufen sind oft nicht so geeignet wie Sozialarbeiter, die das besser machen können.

Dr. Monika Vyslouzil meint, dass es in Österreich zu viele Menschen gibt, die einen Sachwalter haben. Das sollte anders gelöst sein. Im Vorfeld sollte untersucht werden, ob es auch Lösungen ohne Sachwalter gibt. Das ist oft der Fall. Die Selbstständigkeit der betroffenen Personen sollte gestärkt werden: Automatisch für alles einen Sachwalter zu bestellen, ist nicht richtig.

Angehörige stärken

Viele Angehörige haben zuerst Angst, die Verantwortung zu übernehmen. Daher muss man diese zuerst unterstützen.

Gerda Ressl bestätigt das. Sie beschäftigt sich damit, wie man Sachwalterschaften wieder auflöst, die nicht notwendig sind.
Sie ist überzeugt, dass man viele in ein normales Leben zurückführen kann.

Viele Sachwalterschaften stehen nur auf dem Papier, sagt Frau Ressl. Einen persönlichen Kontakt gibt es nicht.

Kein Recht aufs eigene Geld?

Manche Sachwalter ändern alle Bank-Konten, geben das Geld auf ihre eigene Bank. Die Betroffenen können nichts mehr selbst machen, sie können sich nichts mehr selbst leisten. Sie können dann auch nicht mehr kontrollieren, wie viel Geld sie haben. Dann ist es kein Wunder, dass die Leute "schwimmen", sagt Frau Ressl. Die Folge ist, dass die Bank von den Menschen plötzlich nichts mehr wissen will, die vorher gute Kunden waren.

Sie fordert, dass alle ein eigenes Konto haben müssen, die das können. Mit diesem Konto müssen sie sich Kleinigkeiten im Leben leisten können. Sie hat sich schon oft für Menschen mit Sachwalter eingesetzt. Aber das Geld wird oft erst nach langem Hin und Her überwiesen.

Bessere Betreuung durch die Sachwalter

Frau Vyslouzil erklärt, dass im neuen Gesetz der Sachwalter die Klienten einmal im Monat sehen muss. Das Geld muss der Sachwalter so einsetzen, wie es die Betroffenen wollen. Und der Sachwalter muss die Sachen einkaufen, die das Leben der Betroffenen lebenswerterer machen.

Dr. Stormann sagt, dass im alten System auch der Sachwalter etwas vom Vermögen bekommen soll. Aber es soll jetzt ein Anreiz geschaffen werden, dass die Sachwalter das Geld so ausgeben, wie die Betroffenen das wollen.

Dr. Stormann möchte, dass die Sachwalter sich nicht an den betroffenen Menschen bereichern sollen. Gesetze müssen daher vorsichtig geändert werden. Denn sonst passieren Dinge, mit denen man nicht gerechnet hat, die schädlich sind.

Die Richter haben es auch nicht einfach. Denn wenn sie einen Fehler machen, dann müssen sie womöglich selbst Geld zurückzahlen. Deshalb sind sie vorsichtig.

Aber im Gesetz sollte es weniger leicht sein, gleich einen Sachwalter zu bestellen, sagt Dr. Stormann vom Ministerium. Er ist dafür, bestimmte Dinge auszuprobieren, um die beste Lösung herauszufinden. Die soll dann Gesetz werden.

Gerda Ressl vom Verein Behindertenombudsmann findet, dass Richter auch mit Menschlichkeit handeln sollen. Dann gibt es sehr gute Lösungen.

Wie findet man die besten Sachwalter?

Frau Vyslouzil findet es gut, dass Vereine das Gericht bei der Suche nach geeigneten Sachwaltern unterstützen können. Die brauchen dann aber auch Geld dafür.

Es gibt jetzt die Möglichkeit, jemanden aus seinem Bekanntenkreis auszuwählen: Wenn man dann einen Sachwalter braucht, kann dieser einen vertreten.

Auch nahe Angehörige sollen unter bestimmten Voraussetzungen die Verwandten vertreten können. Das vermeidet den staatlichen Eingriff. Auch Dr. Stormann vom Ministerium meint: Man soll im Vorfeld prüfen, ob man Sachwalter wirklich braucht.

Sendungsverantwortlich: Gerhard Wagner

 


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