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Rubrik: Leichter Lesen
17. August 2008

Berühmt - Beliebt – Behindert (1)

von Franz Hoffmann, Gerhard Wagner

Was haben der Komponist Beethoven, die amerikanische Schauspielerin Monroe, und der Maler Van Gogh (sprich: Goch) gemeinsam?

Gerlinde Zickler malt einen Clown

Sie alle sind berühmte Leute gewesen und sie hatten alle eine Behinderung. Julia Karrer hat für Freak-Radio eine Sendung gemacht, in der sie berühmte Leute mit Behinderungen vorstellt.

Frida Kahlo

„Keiner von uns kann einen Kopf so malen wie Frida Kahlo“, sagte der berühmte Maler Pablo Picasso. Frida Kahlo war eine bekannte Malerin aus Mexiko. Sie hat von 1907 bis 1954 gelebt. Ihr war es wichtig, dass die Bilder ihr selbst gefallen. Erst dann ging es ihr darum, von der Malerei zu leben. In ihren Bildern erzählt sie Nachrichten vom Schmerz. Das hat sie einmal selbst gesagt.

Heute besuchen Touristen aus aller Welt ihr Geburtshaus in Mexiko. In diesem ist jetzt ein Museum mit ihren Bildern eingerichtet.

Sie hatte Vorfahren aus Ungarn, Deutschland, Spanien und Mexiko. Sie hat sich offen zu ihrer Abstammung auch von mexikanischen Ureinwohnern bekannt. Diese wurden früher „Indianer“ genannt. Sie verwendete traditionelle Kleidung und trug traditionellen Schmuck.

Mit 6 Jahren hat sie Kinderlähmung. Deshalb war ein Bein kürzer und dünner als das andere.

Als sie 17 Jahre alt war, stoßen ein Bus und eine Straßenbahn zusammen. Frida Kahlo, die im Bus war, ist schwer verletzt. Eine Eisenstange hat sie durchbohrt, ihr Bein war mehrfach gebrochen. Sie hatte auch viele andere Brüche.

Einen Monat war sie im Krankenhaus und danach mehrere Monate im Liegegips. Während dieser Zeit begann sie zu malen. Weil die Mutter einen Spiegel über dem Bett aufgehängt hatte, war ihr Spiegelbild zuerst das einzige, was sie gesehen hat. Deshalb hat sie sich selbst so oft gemalt.

In mehreren Bildern malt sie deutlich den Schmerz und ihre Behinderung. (Bild aus dem Internet mit der Adresse:
www.arthistoryarchive.com/arthistory/surrealism/images/FridaKahlo-The-Broken-Column-1944.jpg)

Sie heiratet einen anderen berühmten Maler, Diego Rivera. Durch diesen lernt sie viele andere Maler, auch aus Europa kennen.

In ihren Bilder malt sie aber nicht nur den körperlichen Schmerz, sondern auch ihren seelischen Schmerz. Ihr Mann betrügt sie oft mit anderen Frauen, das tut ihr sehr weh. Das können wir auch in ihren Bildern sehen.

Mit 47 Jahren stirbt sie. Auch wenn sie ihren Schmerz in den Bildern dargestellt hat, so war ihr Motto auch: „Es lebe das Leben“. Das steht sogar auf dem letzten Bild, das sie vor ihrem Tod gemalt hat.

Gerlinde Zickler

Gerlinde Zickler ist in Niederösterreich bekannt als das „Rosenmädchen“. Sie ist Malerin, Schriftstellerin und „Seelenclown“. Als dieser tritt sie vor alten Leuten und vor kranken Kindern auf.

In Ungarn traf sie einmal Reisende aus Chile. Diese waren kurz davor in einer Ausstellung von Frida Kahlo. Sie haben Gerlinde Zickler angesprochen, weil sie gefunden haben, dass sie Frida Kahlo so ähnlich ist. „Dabei haben sie nicht einmal gewusst, dass ich Malerin bin“, sagt Gerlinde Zickler.

Danach hat sie die beiden zu sich nach Tulln eingeladen und ihnen ihre Bilder gezeigt. Dort sprachen sie intensiv über Frida Kahlo. Seitdem hat sich Gerlinde Zickler mit dieser Künstlerin auseinander gesetzt. Beide sind spät zur Kunst gekommen. „Sie hat in der Kunst Befreiung gefunden, mir hat man zuerst wegen meiner Behinderung die Kunst abgesprochen“, sagt Gerlinde Zickler. „Ich male aus meinem Herzen, aber ich habe mein Leid eher in der Kindheit erlebt. Denn ich war 29 Monate im Gipsbett. Auch das ist eine Ähnlichkeit zu Frida Kahlo. Denn auch ich habe jahrelang ein schweres Eisenkorsett getragen.

Frida Kahlo hat die Schmerzen dann als Erwachsene erlebt. Ich habe auch heute noch das Gefühl aus der Kindheit, eingesperrt zu sein.“ sagt Gerlinde Zickler.

Liebe und Freude, aber auch Dornen und Leid, das sieht Gerlinde Zickler in der Rose. Diese steht ihr, dem Rosenmädchen, besonders nahe.

Auch für Gerlinde Zickler ist die Kunst eine Befreiung. Hier kann sie sich ausleben und frei sein. Hier ist sie nicht eingesperrt. Mit ihren Bildern kann sie die Menschen ansprechen. Mit ihren Bildern kann sie zeigen, dass andere Werte wichtiger sind als Normalität.

Wie wichtig ist die Behinderung für das Verstehen der Bilder?

Christian Mürner hat ein Buch geschrieben, es heißt: „Verborgene Behinderungen“. Frida Kahlo ist für ihn in diesem Buch die Malerin mit dem schiefen Fuß“. Er sieht sie als selbständige und eigenständige Malerin. Sie setzt ihre Träume und Phantasien in Bildern um.

Ist es wichtig, die Behinderung zu verstehen, wenn man die Bilder verstehen will? Nein, sagt Mürner, wenn man die Bilder als Kunstwerke betrachtet. Aber Christian Mürner sagt „Ja, die Aussage der Bilder kann man besser verstehen, wenn man weiß, dass die Malerin behindert ist“.

Ob Frida Kahlo auch ohne Unfall zur Kunst gekommen wäre? Wir wissen es nicht. Sie hat sich zwar für Kunst interessiert, aber sie wollte Medizinerin werden. Vielleicht wäre sie auch Politikerin geworden, denn sie hat sich sehr für die Befreiung Mexikos eingesetzt.

Es gibt noch immer viele, die glauben, dass behinderte Menschen nichts können, sondern nur arm sind und leiden. Dabei gibt es sehr viele berühmte Persönlichkeiten, die viel geleistet haben und viel leisten – und die eine Behinderung haben. Sie zeigen, dass ganz andere Werte wichtig sind als Normalität.


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