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Rubrik: Freak-Science
10. Dezember 2008

Portrait einer gehörlosen Studentin

von Barbara Hager (Transkription des Vortrages)

Was im Rahmen des Projektes auch noch organisiert werden soll, sind Weiterbildungen. Hier geht es sehr stark um sprachliches Niveau, um Deutsch- und Englischkenntnisse, die für gehörlose Studierende nötig sind, um die gleichen Fähigkeiten wie hörende Studierende zu haben. Dazu gehört, schriftsprachliches Deutsch und Textverständnis zu erarbeiten. Es gibt eine ganze Reihe von Weiterbildungen, die wir anbieten möchten.

Der vierte Bereich wären Sensibilisierungsschulungen. Dabei muss mit den Behindertenbeauftragten zusammen gearbeitet werden, weil es auch für ProfessorInnen und StudienkollegInnen wichtig ist. Oft sind hörende Studierende neidisch auf gehörlose Studierende und da entstehen Missverständnisse – beispielsweise wenn die Prüfungssituation anders ist. Deswegen muss man Informationen auch an hörende Studierende weitergeben. Auch das soll eine Aufgabe dieses Projektes sein.

Das Ziel ist, dass Gehörlose nicht nur erfolgreich und leichter studieren können, sondern, dass sie sich wie ihre hörenden StudienkollegInnen wirklich rein auf das Studium konzentrieren können. Ein Ziel ist natürlich auch, dass die Noten beziehungsweise Studienerfolge besser werden. Ein langfristiges Ziel ist auf jeden Fall auch, die Zahl der gehörlosen AkademikerInnen in Österreich zu erhöhen. Es gibt in Österreich schon einige gehörlose AkademikerInnen: PädagogInnen, LehrerInnen, ArchitektInnen, ElektrotechnikerInnen. Es gibt auch KünstlerInnen, die eine Kunstakademie abgeschlossen haben und einige PsychologInnen und SozialarbeiterInnen. Das sind einige jener Berufe, in denen es schon gehörlose AkademikerInnen gibt. Wir haben beobachten können, wie sich die Karriere der Gehörlosen positiv entwickelt hat. Das ist für die ganze Projektarbeit wunderbar. Auch die Teamarbeit funktioniert besser, wenn gehörlose AkademikerInnen dabei sind. Es ist aber auch für ihre Karriere besser. Für Gehörlose ist das so wichtig, weil sie dadurch eine sehr gute Positionierung im beruflichen Umfeld haben. Sie erleben viel mehr Respekt, viel mehr Anerkennung ihrer Leistung durch den akademischen Abschluss. Sie erbringen Leistung im Beruf und haben viel Positives in ihrer persönlichen Entwicklung erlebt. Natürlich haben sie durch ihr abgeschlossenes Studium mehr Möglichkeiten, verschiedene Berufe auszuwählen.

Warum hat es bei einigen Gehörlosen nach dem Studium noch nicht so gut geklappt? Was sind die Schwierigkeiten für gehörlose AkademikerInnen? Zum Beispiel: Telefonieren zu müssen, obwohl man sehr gut per Mail oder Chat arbeiten könnte. Trotzdem ist es für manche Firmen nicht vorstellbar, einen Gehörlosen anzustellen, weil dieser nicht telefonieren kann. Schwierig in manchen Arbeitsbereichen ist zudem, dass Besprechungen oder Teamsitzungen sehr kurzfristig angesetzt werden, so dass keine DolmetscherInnen organisiert werden können. Das stellt für die Karriere der Gehörlosen oft eine Schwierigkeit dar. Gehörlose haben es auch erlebt, dass sie trotz ihres akademischen Abschlusses ein sehr niedriges Gehalt bekommen haben. Für viele Gehörlose ist es auch schwierig, trotz des Studiums den erwünschten Traumjob zu bekommen. Die Vorstellungen, welchen Job man mit dem Studium bekommt, klaffen mit der Realität auseinander. Ein Problem ist, dass viele Institutionen, in denen Gehörlose gerne arbeiten möchten, sehr unsensibel mit Gehörlosen umgehen. Es fehlen Informationen im Umgang mit Gehörlosen. Somit bestehen auch hier Barrieren, die Karrieren von Gehörlosen einschränken. Ich habe ein paar Beispiele hier von erfolgreichen Gehörlosen in ganz Europa: In Deutschland gibt es eine gehörlose Rechtsanwältin, einen Arzt, einen Professor an der Uni für Sprachwissenschaften und in Belgien sogar eine Nationalratsabgeordnete. Das sind nur ein paar Beispiele von sehr erfolgreichen gehörlosen AkademikerInnen. Dazu die Situation in Österreich: Das ist hier deutlich schwieriger, da noch zu viele Barrieren da sind, die nicht die gleichen Möglichkeiten wie in anderen Ländern zulassen. Mein Wunsch ist, dass ich, nachdem ich mein Studium beendet habe, die Ausbildung zur klinischen Gesundheitspsychologin absolvieren kann. Ein Wunsch beziehungsweise eine Hoffnung ist, dass das Projekt: »gehörlos erfolgreich studieren« bewilligt wird. Ich möchte generell in Projekten für Gehörlose arbeiten – mein Traum dabei ist es, als Kinderpsychologin mit gehörlosen Kindern zu arbeiten. Im Moment ist die Vorstellung so: Ich sehe noch sehr viele Barrieren auf mich zukommen. Die Vorstellung, wie das umsetzbar ist, ist für mich noch ein bisschen schwierig, aber ich denke, da wird man sehen. In einem Bereich möchte ich parallel zu meiner Berufstätigkeit aktiv sein: In der politischen Arbeit - in der Gehörlosenarbeit weiter tun und etwas voranbringen! Danke.


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