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Rubrik: Freak Aktuell
10. Juli 2008

Philosophie des Lebens

von Marlies Neumüller

Die Philosophie hat den Ruf, abgehoben, theoretisch und vollkommen unverständlich zu sein. Michael Turinsky will mit philosophischer Beratung neue Blickwinkel aufzeigen – auch auf Behinderung.

Foto von Michael Turinsky

Foto von Michael Turinsky

Eine behinderte Frau möchte ein Kind, doch dieser Wunsch wird für sie zum Problem. Ein Problem, das man aus verschiedenen Perspektiven betrachten kann.  

So kann man sich die Frage stellen, warum es behinderten Frauen so schwer gemacht wird, Mutter zu sein und feststellen, dass es zu wenig Unterstützungsmöglichkeiten gibt. Man kann aber auch hinterfragen, warum die behinderte Frau überhaupt so dringend Mutter werden will. Fühlt sie sich nur dann als Frau, wenn sie Mutter ist, und ist das Frau-Sein in unserer Gesellschaft nicht sehr mit Mütterlichkeit verknüpft?  

Größerer Zusammenhang

Diese vielen Fragen und die vielen Antworten auf ein Problem will der studierte Philosoph  Michael Turinsky aufzeigen. Darin sieht er den Sinn seiner philosophischen Beratung.

„Wir betrachten Probleme immer als etwas sehr Isoliertes. In der philosophischen Beratung versuche ich, sie in einen größeren Zusammenhang zu stellen“, erklärt Turinsky das Prinzip. So sollen sich neue Handlungsspielräume für den oder die Betroffene eröffnen.

Dies ist auch der Unterschied zu psychotherapeutischer Beratung, die nach Turinsky sehr auf das innere Erleben eines Menschen fokussiert und gesellschaftliche Realitäten nicht so sehr beachtet.  

Anderssein

Philosophische Beratung wird bereits mehrfach in Österreich angeboten. Das Besondere an Turinskys Praxis ist die Konzentration auf das Phänomen des Anderseins, sei es aufgrund von Behinderung, Krankheit, sexueller Orientierung oder anderen Merkmalen. Ein Thema, mit dem er auch persönlich viel Erfahrung hat, ist er doch selbst auf den Rollstuhl angewiesen.  

Die Beschäftigung mit Philosophie hat im auch geholfen, sich mit seiner eigenen Behinderung auseinanderzusetzen. In seinem Denken beeinflusst haben ihn viele bekannte Philosophen. So hat er von Karl Marx den Gedanken übernommen, dass es, vereinfach gesagt, wichtig ist nach Machtmechanismen zu fragen, die Spannungen in der Gesellschaft erzeugen. Von Ludwig Wittgenstein hat er gelernt, dass klar sein muss, wie Begriffe verwendet werden und was sie ausdrücken.  

Autonomie und Selbstbestimmung  

Wie wichtig diese Beschäftigung mit Begriffen ist, zeigt laut Turinsky auch der Begriff der Autonomie. So bedeute Autonomie in der Philosophie selbst entscheiden zu können, was man tun möchte, jedoch nicht, es ohne fremde Hilfe zu tun. Für Menschen mit Behinderungen eine höchst relevante Differenzierung, wenn es um ihr Recht auf Selbstbestimmung geht.  

Von der theoretischen Philosophie zum praktischen Beruf  

Diese und ähnliche theoretisch fundierten Erkenntnisse vermittelt Tursinsky auch in Seminaren, die er für diverse Organisationen anbietet. Ein erstes philosophisches Seminar für MitarbeiterInnen der Lebenshilfe hat er bereits abgehalten.

Sein Ziel ist es, langfristig von seiner Beratungstätigkeit leben zu können. Dann wäre für ihn aus der abgehobenen Philosophie ein praktischer Beruf und für seine Kunden eine reale Hilfestellung geworden.

 


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