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Rubrik: Lesen statt Hören
04. Oktober 2009

Interview mit Claudia Kastner - Roth

von Redaktion

Claudia Kastner-Roth leitet seit sechs Jahren die Geschicke des Pflegenetz. Zuvor war sie als Diplomkrankenschwester in leitender Position für Spitäler in St. Pölten und Wien zuständig. Außerdem fungiert sie als Lehrbeauftragte in Bildungseinrichtungen wie der Donau-Universität Krems. Im Freak-Radio Interview spricht Frau Claudia Kastner-Roth über aktuelle Entwicklungen im Bereich der Gesundheits- und Krankenpflege.

Portrait Frau Claudia Kastner - Roth

copyright: www.pflegenetz.at

Christoph Dirnbacher: Wo liegen die Arbeitsschwerpunkte des Vereins Pflegenetz?

Claudia Kastner-Roth: Unser Schwerpunkt liegt in Veranstaltungsorganisationen im Gesundheitsbereich. Wir beschäftigen uns mit diversen Homepages, auf denen wir Informationen für Pflegepersonen weitergeben, aber auch Drehscheibe für Betroffene und Angehörige sein wollen. Weiters haben wir ein Magazin, das diesem Zweck gewidmet ist.

Christoph Dirnbacher: Was sind die Ziele des Vereins Pflegenetz?

Claudia Kastner-Roth: Unser Ziel ist hauptsächlich die Entwicklung des Pflegebereichs in Österreich. Entwicklung hinsichtlich Qualität, Ausbildung und Dienstleistung, die Pflege zu bringen hat, bis hin zur Unterstützung der Etablierung der Pflegewissenschaften in Österreich. Ganz besonderes Augenmerk legen wir auf den Praxistransfer. Das heißt, jene Dinge, die wir bei uns generieren können oder die auch bei uns auf der Homepage stehen, sollen nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch so transportiert werden, dass die Praxis sie umsetzen kann.

Christoph Dirnbacher: Sie arbeiten selbst schon seit mehreren Jahren im Pflegebereich bzw. im Bereich der Pflegewissenschaft. Was sind die gravierendsten Tendenzen und Entwicklungen der letzten Jahre, die Sie beobachten konnten?

Claudia Kastner-Roth: Ein gravierender Einschnitt im Bereich der Qualität der Aus- und Weiterbildung für Pflegepersonen ist sicherlich die Etablierung der Fachhochschulausbildung. Das war sicher ein Meilenstein, der hier erreicht worden ist. Des Weiteren sind in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren die Bestrebungen und die ersten Versuche zur Etablierung der Pflegewissenschaft an den Universitäten Österreichs zu nennen.

Hier haben wir noch ein bisschen ein Manko zu verzeichnen, insbesondere Wien hat es noch nicht geschafft, das Pflegewissenschaftsstudium regulär zu etablieren. Graz hat hier die Nase vorn. Die Steiermark ist wieder mal ein Stück weit nach vorn galoppiert. Sie wurde auch von der Politik kräftig unterstützt. Das ist eben auch zu bemerken. In Innsbruck und in Salzburg gibt es ebenfalls ein Studium der Pflegewissenschaft, allerdings privater Natur, was erfahrungsgemäß mit großen Kosten verbunden ist.

Was ich außerdem als gravierend empfinde im Pflegebereich, das sind sicherlich die aktuellen Tendenzen der Pflege- und Betreuungssituation, jenen Ansprüchen gerecht zu werden, die in den nächsten 20, 30, 40 Jahren auf uns zukommen.

Es gibt  Defizite die schon heute beseitigt werden müssten, um diesen Aufgaben auch in einer guten Qualität Herr zu werden. Das betrifft einerseits die Pflegepersonen selbst, um hier auch für weitere Entwicklungen zu sorgen, um die zu Pflegenden entsprechend betrachten zu können, ihnen entsprechend begegnen zu können. Damit meine ich, den Menschen im Vordergrund zu lassen mit seinem Wollen, mit seinem Sein und hier unterstützend tätig zu werden. Das ist das Eine. Dem widerspricht die Praxis, in der eine bestimmte Minutenzuteilung für Pflegehandlungen vorhanden ist, wo es dann nicht mehr darum geht, den individuellen Wunsch zu fördern.

Auf der anderen Seite orte ich das aber auch in den politischen Wegen, die hier eingeschlagen worden sind bzw. nicht eingeschlagen werden. Die momentan vorherrschende Struktur geht ja eher in die Richtung, dass hier dieser Bedarf gedeckt ist. Aber es werden zu wenig Strukturen geschaffen, die wirklich dem Menschen als Person und Persönlichkeit gerecht werden.

Christoph Dirnbacher: Wie sehen Sie Entwicklungen, die auch Menschen mit Behinderungen betreffen? Etwa die 24 Stunden-Pflege, die als Meilenstein gefeiert wurde?

Claudia Kastner-Roth: Ein Meilenstein war, dass es überhaupt auf Papier gekommen ist. Und dass man begonnen hat, darüber nachzudenken, dass auch hier besondere Leistungen erforderlich sein werden. Ich denke, dass Pflege und Betreuung im Hinblick auf Menschen mit Behinderung nicht eins zu eins gesehen werden können. Wie es auch sehr stark zu differenzieren gilt, die Persönlichkeit in den Vordergrund zu stellen und darauf zu achten, wie viele unterstützende Leistungen hier notwendig sind, die in meinen Augen jetzt noch nicht Pflege und Betreuung ausmachen.

Wir haben das im vorigen Jahr bei unserem pflegekongress08 das erste Mal auch zum Thema gemacht. Wir beabsichtigen, das auch im nächsten Jahr wieder zu thematisieren. Weil es hier anderer Konzepte bedarf, als es zum Beispiel in der mobilen Hauskrankenpflege, in Krankenhäusern oder Pflegeheimen der Fall ist.

Christoph Dirnbacher: Es braucht also in Ihren Augen eine sehr klare Differenzierung zwischen den Bedürfnissen eines medizinisch Kranken, der zu pflegen ist, und den Bedürfnissen eines Menschen mit Behinderung?

Claudia Kastner-Roth: Also für mich ist das de facto so.

Christoph Dirnbacher: Wir bleiben beim Thema Menschen mit Behinderungen. Was bietet der Verein Pflegenetz für diese Zielgruppe?

Claudia Kastner-Roth: Wir stecken diesbezüglich noch in den Kindrschuhen. Allerdings ist es so, dass wir versuchen, auch Informationsleistung transparent zu machen, um auch hier Unterschiede herauszuarbeiten. Man kann nicht sämtliche KlientInnen oder Gruppen der Bevölkerung mit ihren diversen Unterscheidungsmerkmalen über einen Kamm scheren. Wir bemühen uns, unser Magazin transparent zu machen, d.h. Vortragsreihen in unserem Kongressgeschehen transparent zu gestalten. Hier soll diskutiert werden.

Wir können vor allem für Pflegepersonen herausarbeiten, dass diesen auch bewusst wird, dass es sich hier um eine Zielgruppe mit ganz speziellen Wünschen und durchaus auch abzugrenzenden Bedürfnissen handelt. Das ist unser Ziel und das möchten wir mehr betonen. Besonders die nächsten Jahre werden es zeigen: Denn auch Menschen mit Behinderung werden älter und kommen auch in die Situation, mit Krankheiten wie Demenz oder Alzheimer konfrontiert zu sein. Auch hier bedarf es besonderer Konzepte.

Christoph Dirnbacher: Sie haben vorhin das Pflegenetz-Magazin erwähnt. Wer ist die Zielgruppe für dieses Druckwerk und wie groß ist derzeit die Auflage?

Claudia Kastner-Roth: Die Zielgruppe besteht aus Personen in der Gesundheits- und Krankenpflege und deren Umfeld. Uns ist sehr wohl bewusst, dass wir nicht nur Pflegepersonen erreichen, sondern auch Patienten und Patientinnen und zum Teil natürlich auch medizinische Personen. Die Auflage beträgt zur Zeit 23.500 Stück und wir erscheinen fünf mal jährlich.

Christoph Dirnbacher:Wer schreibt denn für dieses Magazin?

Claudia Kastner-Roth: Unser Autorenpool umfasst weniger Mediziner oder Medizinerinnen, weil Pflege und Betreuung sich abgrenzen. Wir wollen nicht heilen oder behandeln, wir wollen begleiten und für Wohlbefinden sorgen. Sie werden bei uns vorwiegend AutorInnen aus den Bereichen Pflege, Sozialpädagogik und Kommunikationswissenschaft finden.

Wir haben zunehmend auch AutorInnen aus Deutschland und der Schweiz, die in gewissen Bereichen schon Meilensteine setzen konnten. Und auch hier lässt sich dieser Trend beobachten. Und ich kann hier keinen Qualitätsverlust in Bezug auf einen Doktor oder eine Doktorin der Medizin orten, da auch in der Pflege und im sozialpädagogischem Kommunikationsbereich sehr kompetente Leute tätig sind, die fachlich komplexe Themen gut und verständlich formulieren können.

Christoph Dirnbacher: Meine letzte Frage ist auf den pflegekongress09 ausgerichtet. Können Sie uns sagen, was die Besucher 2009 erwarten wird, und wo man sich für den Pflegekongress anmelden kann?

Claudia Kastner-Roth: Der pflegekongress09 steht unter dem Motto der Gesundheitsförderung "Gesunde Krankenpflege - Kranke Gesundheitspflege", d.h. wir wollen hier den Fokus umdrehen, ihn nicht erneut nur auf die Pflegeform, auf kranke Menschen legen, sondern auch auf die Förderung der Gesunden, der aktiven Anteile von Menschen.

Als besonderen Referenten darf ich diesbezüglich Herrn Professor Weidner aus Deutschland erwähnen, der auf große Errungenschaften im Bereich der Palliativpflege und Betreuung blicken kann. Er wird uns diese vermitteln, indem er eben diesen Fokus verändert und danach fragt, was geht und was geht alles gut. Ansonsten haben wir inhaltliche Highlights, die es unter www.pflegekongress.at nachzulesen gibt.

Besonders wichtig ist es für mich auch, zu erwähnen, dass wir heuer den Österreichischen Pflege-, und Betreuungspreis der Volkshilfe wieder vergeben können.

Nähere Informationen zum Pflegekongress finden Sie übrigens auch auf www.freak-radio.at

Dieser Beitrag war Teil der Magazinsendung vom 4.12.2009


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