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Rubrik: Leichter Lesen
23. September 2007

Grenzen der Sachwalterschaft

von Franz Hoffmann und Gerhard Wagner

Seit 1. Juli 2007 ist das neue Sachwalterschaftsgesetz in Österreich wirksam. Die Sendung heißt so, weil den Sachwaltern nun Grenzen gesetzt sind. Sie dürfen nur noch eine bestimmte Anzahl von Personen betreuen. Es gibt nun auch andere Möglichkeiten. Man kann schon im Vorhinein bestimmen, wen man als Sachwalter möchte - und auch Freunde und Verwandte können Sachwalter besser überprüfen.

Dr. Ursula Kovar ist Richterin am Bezirksgericht Hietzing. Dort gibt es die meisten Sachwalterschaften Wiens. Denn dort liegen viele Spitäler und ein großes Pflegeheim. Dr. Kovar hat schon in ihren 16 Jahren als Richterin mehrere Gesetze über Sachwalter erlebt.

Warum ist die Sachwalterschaft begrenzt?

Die Richterin erklärt, warum die Sachwalterschaft "begrenzt" ist: Ein Sachwalter kann jetzt nicht mehr beliebig viele Leute nehmen, sondern nur bis zu 25. Da hat es immer wieder Beschwerden gegeben, weil dann die Leute nicht gut betreut worden sind.

Frau Gerda Ressl vom Verein Behindertenombudsmann (Ombudsmann=Berater) war als betroffene Mutter im Parlament. Dort hat sie wichtige Vorschläge gemacht.Ob das Gesetz sich durchsetzen wird, wird man sehen. Doch sie ist zufrieden: Es ist ein gutes Gesetz, meint Gerda Ressl. Denn die Sachwalter können nun leichter gewechselt werden. Dabei muss der Betroffene vor dem Richter begründen, warum er den Sachwalter nicht mehr will und wen er stattdessen haben möchte.

Wenn Freude oder Verwandte jetzt Miss-Stände entdecken, dann können sie eine Änderung der Sachwalterschaft beantragen. Auch das ist also wieder eine Begrenzung: Es gibt jetzt Kontrolle von außen.

Behinderte Menschen können jetzt mehr selbst bestimmen

Dr. Franz Josef Huainigg ist Behindertensprecher der ÖVP im Parlament. Auch er hat am Gesetz mitgewirkt.Menschen mit Lernbehinderung haben geklagt, dass die Sachwalter nie Zeit gehabt haben, weil sie teilweise über 100 Leute betreut haben. Das waren "Schreibtischtäter", die nur verwaltet haben. Die haben sich nicht mit der Lebenssituation der Menschen auseinandergesetzt, sagt Behindertensprecher Huainigg.

Wenn jemand einen Sachwalter bekommen soll, wird jetzt im Voraus geprüft, ob das auch notwendig ist. Manchmal gibt es auch andere Möglichkeiten: Zum Beispiel können nahe Angehörige mit einer Vollmacht (offiziellen Bestätigung) für den behinderten Menschen sprechen.

Und man kann jetzt selbst entscheiden, solange man nicht behindert ist: Man kann bestimmen, wen man als Sachwalter haben möchte, wenn es einmal notwendig ist.Durch alles das können Menschen mit Behinderung besser selbst bestimmen.

"Ich hab meinen Sachwalter gar nicht gesehen!"

Franz Hoffmann stimmt zu, dass viele vom Schreibtisch entschieden haben. Er hat den Sachwalter gewechselt. Und er ist jetzt zufriedener als davor. Denn den füheren Sachwalter hat er gar nicht gekannt, nur seinen Assistenten.

Den Sachwalter zu wechseln, war nicht einfach. Aber Franz Hoffmann hat sich durchgesetzt. Jetzt kann er bei seinem neuen Sachwalter in vielen Bereichen eigenständig entscheiden. Auch sein eigenes Bankkonto hat er jetzt, von dem er Geld bekommen kann. Er kann jetzt viel mehr selbst bestimmen und das ist gut für ihn.

Die Vorsorgevollmacht kann jede Person beantragen, die Entscheidungen selbst treffen kann. Jeder kann selbst bestimmen, wer der Sachwalter werden soll, wenn es notwendig ist.Das gab es früher nicht.

Jeder kann einmal einen Unfall haben oder eine schwierige Operation. Danach kann man einen Sachwalter bekommen.

Manche Leute haben eine Firma. Sie wollen: Das Geschäft soll auch weitergehen, wenn sie behindert sind. Dann ist es für sie ganz wichtig, dass jemand Sachwalter ist, dem sie vertrauen. Und der soll auch für die Firma gut sein.

"Dies gibt mir die Möglichkeit, dass ich im Voraus bestimmen kann, wer für mich einmal zuständig ist", sagt Frau Gerda Ressl vom Verein Behindertenombudsmann.

Diese bestimmt, dass nahe Angehörige die Verantwortung übernehmen können: Eltern, Kinder, Enkel oder auch Großeltern, manchmal auch Eheleute oder Lebensgefährten. Es muss also nicht mehr automatisch ein Sachwalter bestellt werden, denn es gibt jetzt die gesetzliche Angehörigenvertretung.

Müssen sich Verwandte in ein Verzeichnis ("Register") eintragen?

Wenn man als Angehöriger die Vertretung übernehmen möchte, muss man sich jetzt in ein Verzeichnis eintragen lassen. Das kostet 12 Euro - oder mehr, wenn einen ein Notar ausführlich berät.(Notar =Rechtsexperte, der offizielle Bestätigungen ausstellt)

Für den Abgeordneten Huainigg ist es ein Vorteil, dass man überall nachschauen kann, wer für jemanden verantwortlich ist. Das Gesetz soll die Leute selbständig machen. "Wenn das nicht so ist, muss man das Gesetz wieder ändern", sagt Dr. Franz Joseph Huainigg.

Die Vorsitzende des Vereins Behindertenombudsmann Gerda Ressl will keine Registrierung haben: Sie selbst ist Angehörige. Sie möchte lieber ein Dokument haben. Damit würde sie zeigen, dass sie für jemanden anderen zuständig ist. Sie möchte aber nicht, dass das jeder weiß und jeder das herausfinden kann. Denn sie fürchtet, das können manche missbrauchen. Die können sie dann vielleicht benachteiligen.

"Es sollte nicht sein, dass jemand über mich nachschauen kann, ob ich berechtigt bin, mich auszuweisen", meint sie.

Die Richterin Kovar ist nicht glücklich über die Gebühr von 12 Euro oder gar eine Beratungsgebühr des Notars. Früher gab es keine Registrierung, nur eine Bestätigung. "Es ist unangenehm, wenn man nicht weiß, wer wo über mich nachschaut", sagt die Richterin.Im Augenblick kostet eine Sachwalterschaft für die Angehörigen weniger als ein Eintrag ins Register (Verzeichnis).

Wenn Freunde oder Verwandte den Eindruck haben: es stimmt etwas nicht, dann kann jeder sich ans Gericht wenden. Dort kann man etwas tun. Das Gericht prüft dann, ob wirklich etwas nicht in Ordnung ist. Die Richterin Dr. Ursula Kovar fordert alle Leute auf, Anregungen zu geben. Das ist sehr hilfreich und wertvoll. Es konnte den hilflosen Personen geholfen werden. Dort, wo der Betroffene wohnt, kann man zum zuständigen Bezirksgericht gehen. Selbst Anträge ohne Namen haben oft Gutes bewirkt. "Hätten wir nichts erfahren, hätten wir nicht helfen können", sagt die Richterin.

Sendungsverantwortlich: Gerhard Wagner


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