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Rubrik: Freak-MP3
12. Juni 2011

Freak-Classic (WH. vom 27. Juni 2004)

von Gerhard Wagner

Lehramtsstudierende an der Universität Wien, die sich mit der Medienarbeit befassen, gestalten eine Sendung von Freak-Radio. Ein Beitrag befasst sich mit der Rolle der Medien und Menschen mit Behinderungen, in einem weiteren Beitrag wird die Frage gestellt, wie blinde Menschen Zeitung lesen können, der dritte Beitrag befasst sich mit den Begriffen »Easy to Read« oder »Leichter Lesen«. In einem vierten Beitrag geht es um die behinderte Journalisten oder Lehrer in Österreich, beide gibt es kaum. Warum eigentlich.
Ein »Making Of«, das die Arbeit und die Erkenntnisse der angehenden Lehrerinnen beschreibt, rundet die Magazinsendung ab.

Verglaster Eingang mit Schriftzug: Universität Wien

Foto: © Gerhard Wagner

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Diese Sendung können Sie ab jetzt kostenlos als MP3 hören. Bitte klicken Sie hier!

Hier finden Sie auch die Textfassung der Sendung:

Signation
 

Moderation: Herzlich Willkommen zu einer besonderen Freak-Radio-Magazinsendung sagt Gerhard Wagner.
Heute hören Sie Beiträge von vier Lehramtsstudentinnen, die im Rahmen ihrer Ausbildung an der Universität Wien ein Seminar »Neue Medien im Schulunterricht« besucht haben. In den letzten vier Monaten haben sie sich in die Arbeit der Medien vertieft, vor allem des Radiomachens, haben sich auch mit den Themen von Freak-Radio auseinandergesetzt und unterschiedliche Beiträge gestaltet.
Rosika van Maldegem hat sich die Rolle von behinderten Menschen in den Medien angesehen, im zweiten Beitrag beschäftigt sich Gerhild Silber mit »Eaxy to read«, einer Methode, wie auch Menschen mit Lernschwierigkeiten Texte verstehen können.
Gerburg Neunteufel geht in ihrem Beitrag der Frage nach, wie blinde Menschen Zeitung lesen können und Sandra Karacsony untersucht in ihrem Beitrag die Berufschancen für behinderte Menschen in Bildung und Medien.

Im letzten Beitrag hören Sie noch, wie die Arbeit der vier Beitragsgestalterinnen so abgelaufen ist.

Sie haben sicher schon öfter von Menschen gehört, die angeblich an den Rollstuhl gefesselt sind oder an ihrer Behinderung leiden.
Welche Bilder erzeugen Medien von behinderten Menschen in unseren Köpfen und wie kann man diesen entgegenwirken? Diesen Fragen ist Rosika van Maldegem nachgegangen und hat die Journalistin Lydia Ninz und die Behindertenaktivistin Dorothea Brozek interviewt, und sie über die Rolle von behinderten Menschen in den Medien befragt.

Dorothea Brozek: Ja bei dem Bild von behinderten Menschen in der Gesellschaft und gerade in den Medien zieht sich schon ein roter Faden durch des passiven Objekts, sexuell neutral, also kein Geschlecht habend und sehr arm sein, sehr bemitleidenswert, einfach ein Opfer.

Sprecherin: Dorothea Brozek, Leiterin der Wiener Assistenzgenossenschaft und Rollstuhlbenutzerin, hält die Rolle der Medien bei der Darstellung behinderter Menschen für ausschlaggebend. TV, Radio und Zeitung prägen und beeinflussen ihre Zuseher, Zuhörer und Leser ungemein.
So vermitteln beispielsweise bestimmte Fernsehsendungen ein sehr unreflektiertes Bild von Menschen, die aufgrund ihres Anders-Seins oft an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden. Dieses Bild fernab der Wirklichkeit, setzt sich in den Köpfen vieler nicht-behinderter TV-Seher fest.

Dorothea Brozek: Die typischen Sendungen, wo immer wieder Themen über Behinderungen aufgegriffen werden, sind sicher Help TV, und Vera und überhaupt Talksendungen,. Denn dort spielt der Skandal, die Polarisierung eine wichtige Rolle. Es gib dann einerseits die »Super-Heroes« von behinderten Menschen, die mit dem Rollstuhl bergsteigen, zum Beispiel, oder halt die wirklichen Armutschgerln, die so gar nix schaffen.

Sprecherin: Auch Lydia Ninz, Pressesprecherin beim Arbö und Lehrerin des 1. Integrativen Journalismus-Lehrgangs übt Kritik an der klischeehaften Darstellung behinderter Menschen durch die Medien.

Lydia Ninz: Jetzt geht im Fernsehen der Trend zu Reality - Shows, zum Beispiel, also man will das Leben zeigen wie es ist und dazu würde herrlich auch passen, dass eben Menschen so wie sie sind, dargestellt werden, es ist egal ob sie im Rollstuhl sitzen oder irgendwo anders; ich glaube, dass eben die Medienwelt ohne zu reflektieren irgendwelchen Idealvorstellungen oder Klischees irgendwie nachhängt, die längst überholt sind.

Sprecherin: Doch wie kann man Vorurteile und falsche Bilder entkräften? Zum einen braucht es die kritische Reflexion der Medien-Konsumenten. Zum anderen muss eine Sensibilisierung der Medien-Macher erreicht werden. Dazu bedarf es Journalistinnen und Journalisten, die aus eigener Erfahrung über das Thema Behinderung sprechen und natürlich auch schreiben können. Damit wäre der erste Schritt getan. Das Ziel besteht freilich darin, dass Behinderung in den Medien so vorkommt, dass sie nicht extra thematisiert werden muss. Ein Beispiel wäre etwa ein querschnittsgelähmter TV-Moderator, der durch die Sendung "Modern Times" führt.

Lydia Ninz: Es sollte keine Rolle spielen wer man ist, nicht, sondern es sollte dann ein Mensch mit Behinderung genauso alle Themen machen wie einer ohne. Ich brauch aber auch noch in den Köpfen der Redaktionen das Bewusstsein, dass so etwas gut ist, nämlich für die Zeitung. Nicht gut für irgendwas, sondern gut für die Zeitung selber. Und solange das nicht ist, helfen alle staatlichen Assistenz-Leistungen auch nichts, sondern die Redakteure müssen dann erleben: ah, die ist ja wirklich gut. Ich habe das am Beispiel der Marlies erlebt, wo die Kollegen von der Wirtschaftsredaktion gesagt haben: hearst, die ist aber wirklich gut. Sie haben sich das nicht so vorstellen können, dass eine Frau, nicht nur weil sie im Rollstuhl sitzt, sondern, dass einfach eine Unbedarfte, die wirtschaftlich nicht so vorgebildet ist, kommt und macht dieses Praktikum und ist wirklich supergut.

Sprecherin: An diesem Beispiel wird deutlich, wie man ein Umdenken in den Köpfen erzeugen kann. Denn wenn Menschen aufgrund einer Behinderung prinzipiell keine Chance haben, können sie auch ihre Kompetenz nicht beweisen.
Vergleicht man die mediale Rolle von behinderten Menschen in Österreich mit jener in den USA und Großbritannien, stößt man rasch auf große Unterschiede.
Mat Fraser, ein engländischer TV-Moderator mit fehlgebildeten Armen, sorgt mit seiner Sendung "Freak-Out" erst für Aufregung und dann für Furore. Das Ergebnis: gute Quoten und viele nicht-behinderte Zuseher.
Ein Vorbild für die österreichische Medienlandschaft? Frau Brozek zeigt sich für die Zukunft optimistisch.

Dorothea Brozek: Wenn wir uns internationale Entwicklungen anschauen, dann wird auch Österreich keine Insel der Seligen bleiben können, sondern. wir werden da sicher nachhoppeln, manchmal ein bisschen später, aber ja - da hilft uns Internationalität sicher.

Moderation: Ein Bereich, in dem sich in Österreich mehr tut als in Zeitungen oder im Fernsehen, das ja noch immer, was Behinderung betrifft, sehr von Prestige-Spendenaktionen geprägt ist, sind Texte für Menschen mit Lernschwierigkeiten: Easy to Read-Texte hat übrigens auch Freak-Radio auf seiner Homepage freak-radio.at in der Rubrik Leichter Lesen aufgenommen.

Gerhild Silber präsentiert am Anfang Ihres Beitrags zunächst den Artikel in der ursprünglichen längeren Fassung, dann auf Basis von "Easy to Read", gelesen von Karl Stöckl:

Sprecher: Der Erziehungswissenschafter Dr. Peter Singer sieht im Phänomen des Arbeitsverbots bei Waisenpension auch noch weitere soziale Dimensionen: "Es gibt Menschen so wie ich, die keine reguläre Beschäftigung annehmen können, aber zeitweise das eine oder andere machen möchten und auch können. In meinem Fall ist es so, dass ich an der Universität tätig bin - aber derzeit
ganz ohne Bezug, weil ich eben kein Einkommen beziehen darf. Dann gibt es noch einen individual- und sozialpsychologischen Aspekt: Denn wenn Menschen wissen, sie dürfen nichts verdienen, dann ist durchaus die Möglichkeit gegeben, dass sie sich denken, ja warum soll ich mich denn anstrengen? - (Und das führt dann zu der Gefahr, dass manche Menschen vielleicht perspektivlos
werden, Energien abbauen und dadurch eher an den Rand gedrängt werden und sich auch drängen lassen.")

Der Erziehungs-Wissenschaftler Dr. Peter Singer macht auch noch auf weitere Folgen des Arbeitsverbots bei Waisenpension aufmerksam: Wenn Menschen wissen, sie dürfen nichts verdienen, dann denken sie sich sehr leicht: "Ja warum soll ich mich denn anstrengen, wenn es mir nichts bringt?" (Und das führt dann zu der Gefahr, dass manche Menschen vielleicht gar nichts mehr machen, keine Energie haben und dadurch an den Rand gedrängt
werden.)

Sprecherin: "Easy-to-read" ist der englische Ausdruck für "Leichter lesen" und bezeichnet die inhaltliche und sprachliche Vereinfachung von Texten für Menschen mit Lese- und Lernschwierigkeiten.
Franz Hoffmann, er selbst ist lernbehindert, hat eine "easy-to-read"- Ausbildung in Graz absolviert. Mittlerweile ist er Experte auf diesem Gebiet und erklärt die wichtigsten Dinge, die beim Verfassen eines "leichter lesen"- Textes zu beachten sind.

Franz Hoffmann: Wir haben immer drauf geachtet, dass wir englische Worte in einfachen Worten schreiben und zwar... dass man es halt in Deutsch teilweise auch übersetzt oder wir einen anderen Begriff nehmen...es kommt immer darauf an, was das gerade für ein Text ist.

Das ist einmal das Grundlegende; und dann gibt es natürlich auch verschiedene Vorschriften, also Richtlinien, dass zum Beispiel eine Schriftgröße sein in 16 Punkt-Schrift muss, oder dass man zum Beispiel auch schaut, wenn man zu lange Texte hat, dass man die so schreibt, dass sie kurz und verständlich sind und keine Fremdwörter darin sind.

Sprecherin: Die Texte müssen kurz und überschaubar sein und sollen mit möglichst einfachen und unkomplizierten Worten und Redewendungen verfasst werden. Dabei gibt es natürlich auch unterschiedliche Schwierigkeitsgrade:

Franz Hoffmann: Es gibt Leute die wirklich auch schwerstbehindert sind- Wir haben das in der Lebenshilfe oft gehabt - die relativ wenig lesen können und in diesem Fall macht man halt einen kurzen Zweizieler mit einem Bild dazu. Es kommt nicht darauf an, dass die Graphik schön ist, sondern man soll das Bild erkennen, was das ist...und so kann man Texte vereinfachen.

Sprecherin: Wichtig ist auch, erklärt Franz Hoffmann weiter, dass es eine Kontrollgruppe gibt, dass also weitere Leute darauf aufmerksam machen, dass sie das eine oder das andere nicht verstehen können.

Franz Hoffmann: Wenn man natürlich diesen Text hat, dann braucht man eine Rückbildungsgruppe. Diese Rückbildungsgruppe besteht aus ein paar Leuten, die einen Text bekommen...sei's wenn das Leute sind mit Lernschwierigkeiten...und so arbeitet auch der Herr Kandussi...der hat eine Rückbildungsgruppe...da wird der Text noch mal angeschaut und gesagt..."ja das verstehn ma nicht"...dann wird das Ganze wieder umgeschrieben.

Man muss auch versuchen die Leute zwar zu informieren, aber nicht zu überfordern.

Musik

Moderation: Jeden Tag erscheinen beinahe unzählig viele Tageszeitungen. Dabei ist es manchmal gar nicht einfach, sich aus dieser Fülle jene herauszusuchen, die uns wirklich interessieren.
Noch schwieriger ist es, an diese Informationen zu kommen, wenn man gar nicht sehen kann. Wie lesen blinde Menschen Zeitung oder wie kommen sie an die alltägliche Informationsquelle heran?
Dieser Frage ist Gerburg Neunteufel nachgegangen und hat sich zuvor auf der Straße einmal umgehört, was Passanten davon halten.

Passant: Ein blinder Mensch kann nicht Zeitungen lesen. Es wird keine Zeitungen in Blindenschrift geben, nehme ich an.

Passantin: Da bin ich überfragt, ob es Blindenzeitungen gibt?

Sprecherin: Darauf weiß David Klein eine Antwort! Er selbst ist blind und besucht dort die 2. Handelsschulklasse im Wiener Blindenerziehungsinstitut in der Wittelsbachstraße. Während seine Kollegen einen Nach-Test schreiben, zeigt er, wie ein Nichtsehender an die täglich neuen Informationen gelangen kann.
Im Computerraum ist Bildschirm ist ausgeschaltet, trotzdem arbeitet er an der Tastatur und bedient noch ein Gerät, die Braillezeile.
Diese hat die Form einer Leiste gibt Teile des Bildschirminhalts in Blindenschrift wieder. David Klein ertastet die Schrift mit den Fingern.
Somit kann er problemlos den Computer bedienen und im Internet surfen.
Natürlich ist das mit Einschränkungen verbunden - Inhalte von Bildern und Grafiken bleiben nach wie vor "verborgen".
Doch gibt es ein eigenes Internet-Braille, um vor allem über Links als auch über die Schriftgrafik wie Fett, Kursiv und Unterstrichen informiert zu werden. Im Vergleich zu den 6 Punkten hat die Braille fürs Internet 8. Der Gegensatz zur normalen Brailleschrift, sagt David Klein:

David Klein: ...dass man wirklich nur ein Bildschirmzeichen als ein Braillezeichen darstellen kann.

Sprecherin: Das heißt, David Klein kann über das Internet wirklich Zeitung lesen!

David Klein: Ich habe die Standard-Homepage recht gern, da gibt es einen Link. Man bekommt die ganze Standard Homepage als nur Textversion, und das ist ideal.

Sprecherin: Die Verwendung von Sprachausgabe, also von Audio-Browsern ist eine weitere Möglichkeit zu surfen, ohne vom Bildschirm lesen zu müssen. Damit werden Inhalte und Formatierungen rein akustisch ausgegeben.

Das Tempo der Sprachausgabe ist individuell einstellbar und kann sehr schnell sein, durch Klicken mit der Maus kann sie auch unterbrochen werden.

O-Ton, Sprachausgabe: Link tab Kurier . tab....tab a link diese

David Klein: Ich seh´ nicht, ob das in der linken oder in der rechten Spalte ist.

Sprecherin: David Klein liest den Bildschirm vom linken oberen Rand bis zum rechts unteren Zeile für Zeile. Steht ein wichtiger Link in einer rechten Spalte unten, so gelangt er erst zu diesem, wenn er vorher alle in der linken Spalte und darüber gelesen hat. Wir können uns das so vorstellen: Wie wenn man stockfinstere Räume mit einer Taschenlampe auskundschaftet.

Auf diese Art ist er nun auf der Kurierseite zu den Nachrichten vorgedrungen. Wir hören jetzt den Beitrag über die Situation der Palistinänsergebiete vorgelesen von der Sprachausgabe:

O-Ton (Gazastreifen): Israelische Inversion in ... Samstag Abend

Sprecherin: Bei der ORF-Homepage gestaltet sich das Navigieren schwierig. Denn das, was Sehende als Text vor einem Bild wahrnehmen, ist als Bild abgespeichert und daher für David Klein unsichtbar. Bilder sind nur durch erläuternde Bildtexte für blinde Menschen brauchbar. Hier aber sind die Texte nichts sagend oder gar nicht vorhanden:

David Klein: Wenn ein Link nur ein Bild ist, entweder es stehen Zahlen da , über die man überhaupt nichts weiß, wenn man Glück hat - oder wenn man Pech hat, steht eben gar nichts da.
:Sprachausgabe:...apa link:
:David Klein: Es steht bild apa.., aber es steht nicht, worum es da geht. Er liest nur vor was da steht, sonst kann er es nicht.

Sprecherin: Das Problem, das David Klein hier hat, ist nicht unbekannt. Es handelt sich um eine nicht unwichtige Barriere des Internets.
Das Internet ist genauso wenig barrierefrei wie öffentliche Einrichtungen für Rollstuhlfahrer und Eltern mit Kinderwägen.
Barrierefreies Webdesign ist die Kunst , Webseiten so zu programmieren, dass jeder sie lesen kann. Es geht dabei nicht um behinderten gerechtes Programmieren, sondern um eine Technik, die es erlaubt, dass Webseiten einfach für alle verfügbar sind, und auch für zum Beispiel 37 Millionen Europäer mit einer Behinderung.

Abgesehen von der ORF Seite erfüllen auch viele andere wie etwa die Frontpage von Microsoft nicht die Kriterien der 66 Richtlinien der Web Accessibily Initiative.
Wie barrierefrei sich die Zeitungen im Internet präsentieren, berichtet eine ausführliche Umfrage von April 2004:

Alle 14 getesteten Zeitungen im Internet waren nicht befriedigend. Die deutsche Zeitung Stern lag voran aber kurz unter der Grenze fürs Befriedigend. Der Standard hat den viertletzten Platz eingenommen.

Blinde Menschen können also ohne große Schwierigkeiten Zeitung lesen. Es ist bloß die richtige Ausstattung und Braille-Lesenlernen notwendig - auch wenn das manchmal die Vorstellungskraft von Nicht sehenden Menschen übersteigt, wie David Klein abschließend berichtet.

David Klein: Da war eine Frau, die hat sich nicht vorstellen können, wie das geht, und sie hat immer wieder gefragt, aber wie? Am Schluss haben wir es ihr schon zu dritt erklärt. Und sie hat immer noch gefragt: Aber wie?? - Dann habe ich gesagt: "Aber nix wie. So ist es!"

Musik

Moderation (über die Musik): Wenn Sie nun selbst Ihre Internetseite barrierefrei gestalten wollen, können Sie zum einen die Internetseite www.barrierefreies-webdesign.de
nachsehen und zum anderen die Broschüre von Jan Eric Hellbusch mit dem Titel: Barrierefreies Webdesign - erhältlich unter www.knowware.de/verkauf/index.htm und in Deutschland auch an Bahnhofskiosks. Sie kostet ohne Versand € 4,-.

Musik

Moderation: Sie hören Freak-Radio auf MW 1476 oder auch im Internet als Live-Stream auf 1476.orf.at .

Sandra Karacsony hat sich in ihrem Beitrag mit Integration behinderter Menschen in der Schule und in Medien befasst. Dabei hat sie die nicht sehende Expertin Irmgard Kampas interviewt und eine Wiener integrative Volksschule in der Bendagasse im 23. Bezirk besucht.

Sprecherin: Diese Schule hat zwei Integrationsklassen. Eine Integrationsklasse wird von einem Begleitlehrer betreut, sie ist aber keine reine Integrationsklasse. Von einer reinen Integrationsklasse spricht man, wenn vier Kinder mit Behinderungen eine Klasse besuchen. Dann wird der Klasse auch ein zweiter Lehrer zuteilt. In einer dieser Klassen gab es einen Buben im Rollstuhl. Ein weiteres Kind in der Klasse hat Lernschwierigkeiten. Doch nicht viele finden gleich heraus, wer das ist.

Robert, der Bub im Rollstuhl sitzt an einem eigenen Tisch mit verstellbarer Tischplatte, machte aber ganz normal beim Unterricht mit und wird nach dem normalen Lehrplan unterrichtet.

Der Bub mit Lernschwierigkeiten sitzt mitten unter den anderen Schülern und bekommt eigene Übungsblätter, die aber den Stoff des "normalen" Unterrichts beinhalten. Er wird nach dem Sonderschullehrplan unterrichtet.

Es wird aber so viel wie möglich unternommen, betont sein Lehrer, um ihn in die Klasse zu integrieren. Bei meinem Besuch wurde die Wortgruppe "fahren" durchgenommen. Es wurde unter anderem auch gespielt. Der lernbehinderte Schüler spielte mit wie alle anderen Kinder. Für den Rollstuhlfahrer Robert war es sowieso kein Problem. Mich interessierte dann noch wie Turnstunden ablaufen. Es wird in diesen Stunden versucht, möglichst viel mit Robert zu unternehmen. Es wird Fangen oder Ball gespielt. Bei anderen Übungen wird Robert soweit wie möglich unterstützt.

In einer Integrationsklasse, das konnte ich selbst erleben, können Kinder ganz normal mit Mitschülern mit Behinderungen oder anderen Schwächen umgehen. Sie werden nicht ausgestoßen. Es ist auch selbstverständlich ihm zu helfen wo es notwendig ist. Auch der Schüler mit Lernschwierigkeiten wird behandelt wie jeder andere. Er wird nicht ausgelacht, wenn er etwas nicht kann, und es ist auch selbstverständlich, dass er spezielle Übungen am Computer machen darf, während die anderen Schreibübungen machen müssen.

Die Schule bemüht sich sehr, dass sich die Schüler wohl fühlen können. Sie wurde daher auch barrierefrei umgebaut. Es gibt zum Beispiel einen Lift und andere Hilfsmittel.

Leider wird Menschen mit Behinderungen der Schulalltag nicht immer so einfach gemacht. Auch dürfen in Österreich Lehrer mit Behinderungen nicht unterrichten. Ein Beispiel dafür ist Irmgard Kampas.
Sie erzählte mir, dass ihr nach ihrer Erblindung geraten wurde Lehramt zu studieren und ihr wurde sogar zugesichert, dass die Berufsaussichten sehr gut seien.

Irmgard Kampas: Mir wurde damals zu einem Lehramtsstudium geraten, als Berufsorientierung, einfach mit dem Argument, weil es noch keine Lehrer mit Sehbehinderung gibt, die die Qualifikation eines abgeschlossenen Lehramtsstudiums haben - und dann für mich auf jeden Fall Berufsaussichten bestünden. Ja, es ist immer besser, wenn man eine Behinderung hat, höher qualifiziert zu sein als zu wenig. Mir wurde auch gesagt, dann habe ich Sicherheit, dann bin ich Beamtin, denn der Bund muss eine bestimmte Quote erfüllen, um behinderte Menschen aufzunehmen, und so habe ich dann mein Lehramtsstudium begonnen.

Sprecherin: Aber gegen Ende der Ausbildung hat sie erfahren, dass sie das Unterrichtspraktikum, also das Probejahr gar nicht absolvieren darf! Dieses ist aber notwendig, um den Lehrberuf auszuüben.

Sie sei nicht in der Lage, hieß es von der Behörde, dass sie den Lehrberuf ausübe. Begründet wurde dies damit, dass sie als nicht sehende Lehrerin etwa nicht in der Lage sei, Hausübungen, Schularbeiten oder andere schriftliche Arbeiten zu korrigieren.
Wie wir im vorigen Beitrag gehört haben, ist das für blinde Menschen heute aber sehr wohl möglich.
Man kann also in Österreich Lehramt studieren, darf dann aber nicht den Lehrberuf ausführen!!
Das ist aber nicht in allen Ländern so. Frau Kampas hat zum Beispiel ein Jahr in Frankreich unterrichtet. Dort ist es üblich, dass Menschen mit Behinderungen unterrichten, erzählt Frau Kampas.

Irmgard Kampas: Ich war alleine mit den Schülern in der Klasse, wobei man dazu sagen muss, dass das System anders ist als in Österreich, denn da gibt es nicht nur die Wissensvermittlung sondern auch die Aufsichtspflicht und in Frankreich gibt es einen Gang, dort ist Aufsicht. Erziehung und Unterricht sind streng getrennt. ...
Zum Unterrichten ist nicht nur sehen nötig, denn es gibt auch eine andere Form der Wahrnehmung: Zuhören können... . Unterrichten hängt sehr viel mit der Persönlichkeit zusammen und auch mit dem Führungsstil, den man hat.

Sprecherin: Die Diskriminierung Menschen mit Behinderungen finden aber auch in anderen Berufsgruppen statt. Auch dazu kann Frau Kampas einiges erzählen. Zusätzlich zum Lehrerausbildung hat sie auch einen Journalistenkurs absolviert. Jetzt findet sie aber auch hier keine Arbeit, die ihrer Qualifikation entspricht.
Immer wieder spürt sie, dass man ihr nicht zutraut, dass sie genauso gut Sendungen machen oder Beiträge schreiben kann wie andere.

Außerdem hat sie das Problem, dass sie auf ihre schmale Waisenpension angewiesen ist. Um diese nicht zu verlieren, darf nicht mehr als € 400,- pro Monat verdienen, und auch das wird ihr wieder abgezogen. Journalisten arbeiten oft freiberuflich. Nicht Irmgard Kampas: Denn schon ein Auftrag kann dazu führen, dass man ihre Waisenpension verliert.
Deshalb erinnert sie sich manchmal mit Wehmut an ihre Erfahrungen in Frankreich zurück:

Irmgard Kampas: Im gesellschaftlichen Umgang wurde mir wesentlich mehr Wertschätzung entgegen gebracht .... auch beruflich, dass die Barrieren, an intellektuelle Berufe heranzukommen, nicht so gegeben ist. Man ist nicht so ausgeschlossen, wenn man etwas machen möchte, dann kann man es tun. Die Einstellung ist die, dass nicht immer gesagt wird: "Sie können sich für den Job nicht bewerben, denn sie können das und das nicht, also ist es nicht möglich", sondern das Denken funktioniert so: "Welche Adaptierungen müssen wir schaffen, dass ein Mensch mit besonderen Bedürfnissen auch mitmachen kann?"

Moderation: Hören Sie jetzt, zum Abschluss der Sendung, wie sich die vier Mitarbeiterinnen auf diese Sendung vorbereitet haben und hören Sie zunächst, wie sie ihre Arbeit ihren Kollegen an der Uni beschrieben haben.

An der Universität

O-Ton Gerburg: So, und was haben wir jetzt noch alles?

Gerhard: Warum hast Du das Mikro in der Hand?

Gerburg: Warum ich das Mikro in der Hand habe? Genau, das ist so: Wir haben vier Beiträge in der Sendung und dann noch als letztes einen ganz kurzen Beitrag, sozusagen eine kurze Reflexion über unsere Arbeit und damit wir das nachher in der Radiosendung auch mitschneiden können, haben wir uns gedacht, wir nehmen einmal ein paar O-Töne auf.

Sprecherin: Die Gestaltung der Beiträge hat einiges an Vorbereitung erfordert. So wurden Live-Sendungen von Freak-Radio im ORF-KulturCafé und eine Redaktionssitzung besucht. Der Tutor Gerhard Wagner hat zusätzlich einige Grundlagen des Radio-Journalismus vermittelt.
Dann haben wir Experten zu den jeweiligen Themen befragt. Die Aufnahmen wurden mit Mini-Disc und Mikrofon gemacht.

Zur Aufnahmetechnik

Gerburg und Gerhild: Jetzt müssen wir mal ins Mikro reinreden - dann hört man was. Da muss man so richtig hineinsprechen. Und Du merkst, merkst Du dann einen Unterschied, mach mal so, ja. Das muss - ich glaub so ein bisschen seitlich, so ist am besten und ziemlich nah hin, gell? Okay.

Sprecherin: Wie es den Teilnehmerinnen bei den durchgeführten Interviews tatsächlich gegangen ist, wollen wir Ihnen natürlich nicht vorenthalten.

Erfahrungsberichte

Gerburg: Ich würds nächstes Mal schon anders machen, weil jemanden zu interviewen, das muss schon mehr Struktur haben, weil so, wenn der andere eigentlich noch was sagen wollte, habe ich das Mikro zu mir gerissen, weil ich noch was sagen wollte und wir haben uns gegenseitig unterbrochen. Und das muss schon klarer ausgemacht sein und zwischen den Sätzen muss eine kurze Pause sein. Und- das muss man können.

Rosika: Das zweite Interview hab ich mit der Frau Ninz gemacht. Die Frau Ninz hat sehr sehr viel und schnell gesprochen und ich hatte dann immer Mühe mit dem Mikrofon hinterherzukommen, weil sie den Kopf immer hin- und her und hin- und hergeneigt hat, und sich auch immer ein bisschen zurückgezogen hat, weil sie nicht wollte, dass ich so nah zu ihr komme. (man hört es manchmal leicht knirschen)

Gerhard: Tut mir Leid, eigentlich müssten wir das noch einmal machen, diesmal warst du zu nahe daran und die Tonqualität nämlich leider übersteuert gewesen.

Gerhild: Es war eher dann schwierig, mit Franz Hoffmann ein Interview im herkömmlichen Sinn zu führen. Ich habe mir so Fragen vorbereitet. Und da bin ich dann gar nicht dazugekommen, dass ich die stelle, weil er einfach erzählt und erzählt und erzählt hat und sein Redefluss schwierig zu unterbrechen war. Aber im Endeffekt hat er mir dann alles erzählt, was ich wissen von ihm wollte.

Sandra: Ja, bei mir hat´s ein sehr großes technisches Problem gegeben. Ich bin im letzten Moment draufgekommen, dass ich irgendwie den Mini-Disc anscheinend doch nicht ganz so beherrsche wie ich´s mir gedacht hab. Und hab schon während der Aufnahme gemerkt, dass es Probleme gibt und - ja - im Nachhinein bin ich dann draufgekommen, dass gar nichts aufgenommen wurde.

Sprecherin: Bei der Gestaltung der Beiträge war es allen wichtig, die Betroffenen selbst zu Wort kommen zu lassen. Das Bild, das Medien landläufig von behinderten Menschen verbreiten, entbehrt oft jeglicher Authentizität. Durch Reflexion können Vorurteile und Unsicherheiten abgebaut werden.
Auf der Internet-Plattform der Lehrveranstaltung haben 15 Teilnehmer zum Thema Medien und Menschen mit Behinderung diskutiert. Die kritische Auseinandersetzung - unter anderem mit der Spendenaktion "Licht ins Dunkel" - hat so manchen dazu gebracht, seine Einstellung zu überdenken.

Text-Zitate:

Karl: Wenn schon nicht etwas "Ehrliches" verkauft wird, so bringt es wenigstens im Falle der Spendenaktion manchen Leute Hilfe, selbst wenn der Beigeschmack etwas fad ist.

Kathrin: Die Frage ist wohl: Was ist wichtiger?
Kurzfristig Geld auftreiben oder langfristig das Bild von Menschen mit Behinderung in der Öffentlichkeit ändern?

Rosika: Karls Ansicht "Hauptsache die Kohle stimmt", finde ich etwas bedenklich. Geld kann die Sabotage des Images behinderter Menschen wohl kaum wettmachen. (Für den Menschen ist es wichtiger Achtung und Respekt als technisches Equipment geschenkt zu bekommen... )

Karl: Ich distanziere mich von meiner Geldaussage.
Ich habe meine Gedanken zu wenig weit fortgesponnen. Jeder der z.B. einen Rollstuhl braucht, sollte - ohne zum Dodl vor der Kamera degradiert zu werden - auf die Institution Sozialstaat zurückgreifen können.

O-Ton, Martin Hämmerle, Úniversitäts-Seminarleiter: Gibt´s noch Nachfragen?

Musik

(leicht ausblenden)

Moderation: Wir sind wieder am Ende unserer Sendung. Nächste Woche hören Sie, wie ganz unterschiedlich Menschen mit Behinderung in Österreich leben. Wie immer am Sonntag und Dienstag um 20.30.

Namens des gesamten Freak-Radio-Teams verabschiedet sich am Mikrophon Gerhard Wagner.

Musik
WAG-Trailer, Homepage-Trailer

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