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Rubrik: Meinung
27. Mai 2007

Busfahrer auf Abwegen

von Gerhard Wagner

Der Rollstuhlfahrer Markus Ladstätter wollte am 26. April 2007 mit der Buslinie 26A der Wiener Linien fahren. Der Busfahrer weigerte sich, ihn ordnungsgemäß mitfahren zu lassen - mit der Ausrede, die Rampen würden durchgebogen, wenn Elektrorollstühle darüberfahren.

Gelenkbus rotweiß unter Bäumen in einer Haltestelle

Bus der Wiener Linie in einer Haltestelle

Dies ließ sich der Rollstuhlfahrer nicht gefallen und beantragte ein Schlichtungsverfahren nach dem BundesBehindertenGleichstellungsGesetz.
Die Wiener Linien sind nun der Ansicht, sie hätten durch Schulungen alles getan, was ihnen zumutbar wäre. Fazit: Der Rollstuhlfahrer blieb draußen, der Busfahrer drinnen. Alles paletti?

Die Wiener Linien sind ja eigentlich nicht unwillig, was die Verbesserung für behinderte Menschen, vor allem für Rollstuhlfahrer betrifft.

Da werden jetzt alle Busse auf Niederflur umgestellt, in den U-Bahnen erfahren die Fahrgäste seit neuestem, an welcher Seite man in der nächsten Station aussteigen kann - und jetzt können auch auf der Straßenbahnlinie 5 Fahrgäste mit dem Rollstuhl unterwegs sein.


Selbst die anachronistische Begleitpflicht auf der U6, die besagte, dass Rollstuhlfahrer wie Kinder eine Begleitperson brauchten, wurde vor kurzem abgeschafft.

Zugegeben: Da gibt es noch einige Kleinigkeiten: Wenn, wie am letzten Wochenende die U4 (U-Bahnen sind ideale barrierefreie Verkehrsmittel für viele behinderte Menschen) zwischen Friedensbrücke und Schottenring eingestellt war, fährt auf der parallel fahrenden Straßenbahnlinie D nur eine Niederflurgarnitur pro halbe Stunde. An günstigere Intervalle für diese Ausweichroute wurde offenbar nicht gedacht.

Ja, und da gibt es noch die unwilligen Busfahrer...

Warum manche Busfahrer die Rampe nicht aufklappen wollen? Weil es eine Mehrarbeit ist. Sie müssen aufstehen, nach hinten gehen und händisch eine Rampe aufklappen. Da kommt eine Ausrede oft besser zupass. Da kann man dann weiter vorne sitzen bleiben in der gemütlicheren Fahrerkabine.

»Wir wolln das ja eh abstellen«, seufzen die Wiener Linien, und zerdrücken ein Tränchen im Knopfloch, »aber was soll ma tun, wenn die Busfahrer nicht wolln. Wir schuln sie ja sogar ein!« Sprachs, zuckt die Achseln und - unternimmt... ja was eigentlich?

Was ist eigentlich mit dem Busfahrer passiert, bei dem die Schulungen nichts genutzt haben? Ist er gekündigt worden? Oder gar entlassen?

Nein?

Naja, vielleicht halten die Wiener Linien auch demnächst Busfahrer, die einfach nicht mehr alle Haltestellen anfahren wollen, (weil da ja die Einstiegsbereiche zu sehr abgenützt werden, wenn so viele Leute zusteigen?) oder Busfahrer, die einfach auch zwischen den Stationen stehen bleiben, um sich beim nächsten Greißler eine Wurstsemmel zu kaufen - oder die vielleicht gar die vorgesehene Route verlassen und mit den Fahrgästen eine Spritztour machen.

Vielleicht gibt es ja auch Busfahrer, die entgegen aller Schulungen beschließen, dass sie keine Politiker mitfahren lassen wollen, mit ähnlich krausen Ausreden?

Dann allerdings wird nicht lange gefackelt werden, darf vermutet werden. So viel zur Gleichstellung: zu allererst nett tun vor den Kameras und in der Öffentlichkeit. Aber wenn es hart auf hart geht, dann müssen die Rollstuhlfahrer eben bleiben, wo sie sind: Nämlich draußen. Und drinnen bleiben die Busfahrer, auch wenn sie diskriminieren. Denn sie wurden ja geschult und mehr kann man nicht tun.

Mit Gleichstellung hat das nichts zu tun. Folgerichtig geht der diskriminierte verhinderte Fahrgast jetzt zu Gericht und hat gute Chancen.


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