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Rubrik: Freak Aktuell
26. September 2016

Barrierefreies Europa

von Nadine Fischl

Wie barrierefrei sind eigentlich Europas Hauptstädte? Wie liegen wir in Wien im Vergleich zu anderen europäischen Hauptstädten? Dazu meine persönlichen Erfahrungen mit meinem Rollstuhl in Berlin, Madrid und Dublin.

Berlin: Es ist Juli 2012, ich mache ein paar Tage Urlaub in Berlin und bin mit einigen Verwandten  öffentlich unterwegs. Der Weg zur U-Bahn ist zwar etwas umständlich, aber mit meinem Rollstuhl ohne fremde Hilfe zu bewältigen, der Großteil der U- Bahnstationen ist barrierefrei. Busse sind hier sogenannte Niederflurfahrzeuge, wie es sie auch in Wien gibt. Der Fahrer klappt oder fährt eine Rampe entweder an der vorderen oder mittleren Tür des Fahrzeugs aus, so dass man hineinrollen kann.

Ein Großteil der Straßenbahnen ist mit Rollstühlen befahrbar. Für den Straßenbahnfahrer gut sichtbar, in Fahrtrichtung vorne hingestellt, kann dieser, je nach Ausstattung des Fahrzeuges, einen Hebelift herunterfahren, der einen Rollstuhlfahrer in die Straßenbahn hebt. Fast alle S-Bahnhöfe in Berlin sind entweder mit einem Lift oder einer Rampe zugänglich.

Die meisten Sehenswürdigkeiten sind barrierefrei zugänglich. Es ist jedoch trotzdem ratsam, sich vorher über die örtlichen Gegebenheiten zu informieren. Ich habe die Berliner Mauer, das Brandenburger Tor, Madame Tussauds und das KaDeWe (Kaufhaus des Westens) besucht und bin mit dem Schiff auf der Spree gefahren. Das alles konnte ich problemlos mit meinem Rollstuhl bewältigen. Berlin war für mich im Großen und Ganzen machbar.

Madrid: Als ich im Juli 2015 in Madrid war, machte ich die Erfahrung, dass auch Madrid sehr behindertengerechte öffentliche Verkehrsmittel hat. Im Bus gibt es ausfahrbare Rampen, in der U-Bahn (Metro) steigen die Rollstuhlfahrer meist vorne ungehindert ein. Die Stadt Madrid und verschiedene Vereine des Tourismussektors haben gemeinsam einen Führer für barrierefreien Tourismus herausgegeben, mit dessen Hilfe Menschen mit Behinderungen sich genau über die barrierefreien Zugänge zu den touristischen Sehenswürdigkeiten informieren können. Ich habe  eine City Tour mit dem Bus gemacht, brauchte allerding Hilfe beim Einsteigen.

Dublin: Es ist Sonntag, der 6. März 2016, ich stehe in der Innenstadt von Dublin und warte auf den Linienbus. Der Bus fährt in die Station ein und alle wartenden Menschen treten zurück, warten bis die Rampe ausgefahren ist und ich als Erste in den Bus fahre. Für mich war das eine ganz neue Erfahrung, so etwas habe ich noch nicht erlebt.

In Dublin haben Menschen mit Handicap Vorrang! In Irland eine rollstuhlgerechte Unterkunft zu finden, ist nicht besonders schwer. So gehören Rollstuhlrampen oder verbreiterte Türen zum Standard. Sehbehinderte Menschen dürfen natürlich Blindenhunde mitnehmen. Auch die irische Gastronomie hat sich auf die Gäste im Rollstuhl eingestellt, so etwa das berühmte „Bleu Bistro“ in Dublin.

Auch im berühmtesten Kneipenbezirk Dublins „Temple Bar“ sind viele der Restaurants, Cafés und Kneipen behindertengerecht erreichbar. Ereignisreiche Nächte in Dublins Amüsierviertel sind damit für Touristen im Rollstuhl garantiert. Mein Besuch beim berühmten „Book of Kells“ im Trinity College, in dem bereits Samuel Beckett studierte, war selbstverständlich auch für mich im Rollstuhl problemlos zu bewältigen. Das College „Malvern House“, wo der Unterricht stattfand, ist natürlich auch rollstuhlgerecht gestaltet.

Wien: Wie schneidet dagegen Wien im Vergleich zu den oben angeführten europäischen Städten ab? Wien hat zwar in den vergangenen Jahren viel aufgeholt. Jede der über 100 Wiener U-Bahn-Stationen wurden mit einem Lift ausgestattet, aber bei Bus und Straßenbahn gibt es noch einiges zu verbessern. Im öffentlichen Bereich ist durch das Behindertengleichstellungsgesetz viel erreicht worden aber in der Gastronomie fehlt es noch an vielen Ecken und Enden.


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