Seitenanfang:

Link zum InhaltLink zum MenüLink zur Suche

Inhalt:

Rubrik: Lesen statt Hören
10. April 2007

10 Jahre Freak-Radio

von Gerhard Wagner

In dieser einstündigen Jubiläumssendung im bis auf den letzten Platz besetzten KulturCafe am 4. April 2007 spricht Gerhard Wagner mit Kolleginnen, die während der letzten zehn Jahren Sendungen gemacht haben. Auch Sendungsgästelommen zu Wort: Unter anderem erzählt Bundesbehindertenanwalt und ehemaligen Bundesminister für Soziales, Mag. Herbert Haupt, von der Entwicklung des Gleichstellungsgesetzes und Univ.-Prof. Dr. Fritz Hausjell von Journalisten mit Behinderung in der Medienlandschaft.

Als "Extra" gibt es neben weiteren Ausschnitten früherer Sendungen auch einen Ausblick auf die Zukunft von Freak-Radio mit seinem Projekt "Selbstbestimmt mit allen Sinnen - Wege zur Gleichstellung. Wege ohne Diskriminierung", in dem verschiedene Sendungen, Artikel und gezielte Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Gleichstellung erarbeitet werden. Auch das Projekt "Hören mit Untertiteln im Netz" wird vorgestellt. Mit einer neuen Software, die von Freak-Online entwickelt worden ist, können MP3s mit Untertiteln abgerufen und gehört bzw. gelesen werden.

Ein Mann mit langen Haaren und Bart und eine Frau mit schwarzen Haar schauen eine Torte mit brennender Kerze an

Viele Leute sitzen im ORF-KulturCafe und schauen nach vorn

Eine Torte wird angeschnitten

Hubert Wallner, ein älterer Redakteur mit Sakko und akkuratem Haar, spricht ins Mikrophon

Gerhard Wagner, Freak-Radio-Moderator: Willkommen bei einer ganz besonderen Sendung von Freak-Radio. Am 3. April 1997 ging die erste Sendung von Freak-Radio über den Äther. Gerhard Wagner begrüßt Sie aus dem ORF-KulturCafe, zehn Jahre später, am 4. April 2007. Zehn Jahre, das ist - subjektiv unterschiedlich - eine lange, oder eine ganz kurze Zeit, je nachdem.

Die einen haben vielleicht den Eindruck, in diesen zehn Jahren ist sehr viel passiert, andere vielleicht den Eindruck, eigentlich ist nicht so viel anders wie damals. Über das eine oder das andere wollen wie jetzt reden. Aus diesen letzten zehn Jahren haben wir für diese spezielle Sendung viele Menschen eingeladen, und ich freue mich, dass auch so viele hier ins ORF-KulturCafe gekommen sind und möchte mich recht herzlich bedanken, dass Sie wirklich so zahlreich gekommen sind. Das ORF-KulturCafe, Sie können es ja hinter den Radiogeräten nicht sehen, ist wirklich brechend voll.

Wir haben Leute eingeladen, die in den Sendungen Gast waren, die in den Sendungen mitgemacht haben, die Interviewpartner waren, oder die als Unterstützer oder Unterstützerin tätig waren. Ich begrüße Sie alle ganz herzlich und ebenso herzlich die Zuhörer via Mittelwelle oder via MP3 im Internet, wo wir mittlerweile auch zu hören sind.

Für heute haben wir Folgendes vorbereitet: Wir werden einige Ausschnitte aus früheren Sendungen hören, die nur ein paar Einblicke in die sehr vielen verschiedenen Themen und Möglichkeiten von Radiosendungen mit und über behinderte Menschen geben. Die Redaktion ist seit zehn Jahren ein buntes, integratives Team von Radiomacherinnen und Radiomachern, mit ganz unterschiedlichen, oder auch ohne Behinderungen. Und einige von Ihnen sehen Sie hier, und ich werde in der nächsten Stunde - wir werden nämlich am Dienstag eine einstündige Aufzeichnung hören - auch ins Publikum gehen und die eine oder den anderen von Ihnen befragen.

Aber zunächst bitte ich vielleicht um die erste Zuspielung von vor ziemlich genau zehn Jahren, und da hören Sie auch noch ein bisschen die alte Signation, wie die früher geklungen hat. Und dann wissen Sie, warum im alten Logo der Frosch drinnen war. Bitte schön...

Musik: Ein Lied gesungen von Dorothea Brozek. Privataufnahme.

Freak-Radio-Moderator: Ja, meine Damen und Herren, ich war nicht so uncharmant, unsere erste Chefredakteurin Pionierin von Freak-Radio, Dorothea Brozek, die Sie jetzt hier in einer privaten Einspielung gehört haben, mit einem Frosch vergleichen zu wollen, ich hätte dieses Lied an einem anderen Zeitpunkt spielen wollen, aber ich freue mich, dass das an dieser Stelle gesendet worden ist, denn Dorothea Brozek kommt gerade herein. Vielleicht können wir jetzt die erste von diesen neun Einspielungen bringen, und da hören wir jetzt den Frosch.

alte Freak-Signation

Zuspielung, Moderation - Dorothea Brozek: Wir verlassen jetzt den Kontinent, und schwenken nach Großbritannien

Gerhard Wagner: Und Großbritannien klingt in diesem Beitrag für geübte Österreicher - und vielleicht ist es anderswo ähnlich - wie Utopia - einem Ort, an dem stattfindet, was hier undenkbar ist.

Jingle Freak-Randstein (Musik und Scheppern wie bei einem Blechschaden)

Franz-Joseph Huainigg: Der Freak-Randstein. Heute: Der blinde Minister. Schon gehört? Der Minister ist bind. Na geh, was für eine Neuigkeit. Welcher Minister ist es nicht. So wie die drei Affen, nichts hören, nichts sehen, nur reden tun sie viel. Das macht sie nicht nur zu Menschen, sondern auch zu Politikern. Aber nein, der Minister ist blind! So richtig blind!

Ja, so richtig blind! So mit gelber Schleife und schwarzen Punkten. Glaub ich nicht, eher mit roten Punkten. Aber wenn er so richtig blind ist, dann sieht er ja auch nichts. Nein! Und lesen kann er auch nichts. Keine Reden und keine Akten. Na, die sollen in Blindenschrift übersetzt werden. Alle? Was das kostet! Können wir uns das überhaupt leisten?

Schon gehört? Großbritannien soll eine neue Regierung bekommen. Fünf Frauen, ein bekennender Homosexueller und ein Blinder sollen Minister und Ministerinnen werden.

Freak-Radio-Moderator: Das war eine Einspielung aus 1997, und vielleicht haben Sie sie ja erkannt, denn die erste Moderatorin war Dorothea Brozek, die ich recht herzlich begrüßen möchte! Ich bin draufgekommen, dass ich bei den Moderationen in den zehn Jahren wirklich einiges zu lernen hatte, ich hoffe, ich kanns jetzt besser. Und als Gast haben Sie wahrscheinlich gehört, das war der jetzige Nationalratsabgeordnete Dr. Franz-Joseph Huainigg. Also das, was Sie da über die Politiker gesagt haben, es darf nicht so viel kosten und so, das haben Sie jetzt wahrscheinlich eh auch schon drauf, was ist in den zehn Jahen passiert

Dr. Franz-Joseph Huainigg, ÖVP: Na inzwischen bin ich auch Politiker geworden, bin zumindest kein blinder Minister, aber ein Abgeordneter, der beatmet wird, und der auch schlecht sieht, der keine Texte lesen kann. Aber es gibt ja noch die persönliche Assistenz, die Assistenz am Arbeitsplatz, die mir etwa hilft, Texte vorzulesen, oder ich diktiere Texte. Aber es ist lustig, das zu hören und es erinnert an alte Zeiten und an die ersten Tage.

Freak-Radio-Moderator: Ja, danke vielmals! Der angesprochene Minister David Blunkett ist mittlerweile nicht mehr im Amt. Ich wollte Sie auch noch fragen zu dem, was Sie da gesagt haben, das war ja ziemlich frech und ziemlich keck, jetzt sind Sie Abgeordneter der ÖVP, denken Sie noch so wie früher, oder verändert man im Laufe der politischen Karriere auch seine Gedanken, oder sagt: Naja, also da muss man im einen oder anderen Punkt vielleicht etwas realistischer sein?

Dr. Franz-Joseph Huainigg: Na, ich hab? jetzt ein bisschen mehr Verständnis für die Politik! (lacht)

Freak-Radio-Moderator: Danke vielmals!

Dr. Franz-Joseph Huainigg: Vor allem das Froschgezeter, das war ganz lustig, denn die Idee zu Freak-Radio ist mit Rainer Rosenberg entstanden, der gesagt hat: Die Mittelwelle wird neu belebt!
Da haben wir gesagt, wir machen das auch für behinderte Menschen, eine Behinderten-Radiosendung, und dann sind wir ins Studio und haben eine Signation gesucht, was passt zu "Freak". Und dann haben wir gedacht "witzig, frech". Vielleicht auch ein Froschkonzert...

Freak-Radio-Moderator: Wie Sie mittlerweile gehört haben, hat sich die Signation geändert, aber wir erinnern uns immer gerne an das Froschkonzert und auch an den spektakulären Randstein-Jingle zurück, und wir hatten den Frosch bis eben jetzt, auch immer in unserem Logo drinnen.

Ich möchte die Chance nützten, ein bisschen jetzt noch ums Eck zu gehen, weil da sitzen nämlich weitere Gründungsmitglieder von Freak-Radio, und zwar alle beisammen, günstiger Weise.

Frau Brozek, ich habe schon am Anfang Ihr Lied eingespielt -und ich möchte Sie gerne fragen: Wie war das denn für Sie, vor zehn Jahren, die ersten Radiosendungen zu moderieren und zu gestalten, und was hat sich für Sie in diesen zehn Jahren geändert?

Dorothea Brozek, Gründerin Freak-Radio: Die Anfangszeit war für mich persönlich sehr aufregend, sehr spannend, lehrreich, sehr arbeitsam... Wir hatten wirklich alle Hände und Münder voll zu tun. Ich habe persönlich auch sehr, sehr viel lernen können in dieser Zeit.

Ich freue mich wahnsinnig, dass Freak-Radio heute 10-jähriges Jubiläum feiern kann, dass so lange Zeit so viele engagierte Frauen und Männer mit und ohne Behinderung dieses Projekt weiter getragen haben, und es wirklich in die Richtung Professionalisierung geht und Freak-Radio professionell ist. Es arbeitet journalistisch, das freut mich einfach sehr und ich möchte allen gratulieren, die so viel dazu beigetragen haben, dass wir heute gemeinsam feiern.

Freak-Radio-Moderator: Neben der Frau Brozek frage ich gleich Frau Mag. Feuerstein: Sie waren auch von Anfang an dabei und haben uns die ganze Zeit bis jetzt begleitet. Wir werden später dann mehr von ihnen hören. Aus Ihrer Sicht, was hat sich für Sie in den letzten Jahren verändert oder was ist gleich geblieben, und was ist Ihnen besonders wichtig?

Bernadette Feuerstein: Also ich verfolge Freak-Radio seit zehn Jahren, und ich habe alle Hochs und Tiefs miterlebt, mich mitgefreut, mitgelitten. Ich will auch anschließen an das, was die Dorothea Brozek gesagt hat:

Freak-Radio hat sich professionalisiert, das ist sehr wichtig, es hat aber dabei seinen Biss nicht verloren und ich hoffe, es ist auch weiterhin ein wichtiges Medium für Menschen mit Behinderung oder auch ohne Behinderung, um ihre Anliegen zu verbreiten. Um auch frech zu sein, und auch in einer Art politisch tätig zu sein, und das hoffe ich, dass das auch für die nächsten zehn Jahre erhalten bleibt, dieser Mut, der Biss, und diese Originalität im positiven Sinn.

Freak-Radio-Moderator: Hier ist Martin Ladstätter von der BIZEPS. und ich kann mich noch ganz genau erinnern, wir haben in der ersten Sendung gemeinsam mit der Kornelia Götzinger einen Beitrag gemacht über das Apollo-Kino.

Martin Ladstätter, das wissen wahrscheinlich viele, ist von der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung im Verein " BIZEPS" - immer wieder um dieses Selbstbestimmt-Leben-Prinzip. Sie verfolgen auch unsere Sendungen regelmäßig. Warum ist selbstbestimmt Leben so wichtig?

Martin Ladstätter, Verein BIZEPS: Also ich gratuliere erst einmal Freak-Radio zu diesen zehn Jahren, das ist eine tolle Leistung. Kontinuität, gerade in dem Bereich, ist sehr schwierig und sehr anerkennenswert - und das finde ich ganz toll von Freak-Radio.

"Selbstbestimmt Leben" ist ein wichtiges Ziel für uns, und wir kämpfen für manche Dinge schon mehr als zehn Jahre. Wir haben damals dafür gekämpft, dass bauliche Barrieren beseitigt werden: Jeder, der die Behindertenbewegung verfolgt, weiß, dass wir genau um das Gleiche auch jetzt noch kämpfen. Ich bin mir sicher, dass Freak-Radio uns in den nächsten zehn Jahren da wieder unterstützen wird.

Freak-Radio-Moderator: Ja, das wollen wir doch alle hoffen, dass wir das tun werden, wir haben es jedenfalls ganz strikt vor. Ich würde sagen, bevor wir jetzt dann zur nächsten Chronologie kommen, ein paar Takte Musik.

Musik

Freak-Radio-Moderator: Sie hören Freak-Radio auf Mittelwelle 1476 zu unserer 10-Jahres-Sendung. Wir haben es schon gehört, ich mein? das ist halt so bei einem Radioprogramm, das ist auch so bei einer Gruppe, die noch dazu ehrenamtlich über die weitesten Strecken gearbeitet hat, die sich bemüht um Professionalität, die sich bemüht darum, zu wachsen, die auch sich bemüht, möglichst viele Bereiche abzudecken.

Dass es Höhen und Tiefen gibt, dass es Durststrecken gibt, dass es Phasen gibt, wo man ein bisschen einen Hänger hat, dass es Phasen gibt, wo man sich ärgert. Aber es gibt auch viele Phasen, in denen man gemeinsam arbeitet und sich auch freut.

Ungefähr nach eineinhalb Jahren war es sehr schwierig für Freak-Radio... Freak-Radio war eine kleine Redaktion: Jede Woche eine neue Sendung zu machen, das war für diese kleine Gruppe hart...

Und dann kam man auf die Idee, Leute von Selbsthilfegruppen einzuladen. Wir hören jetzt mehr darüber aus der zweiten Einspielung. Ich möchte nur am Anfang darauf hinweisen, was jetzt kommen wird: Dass uns auch immer schon Fragen des Journalismus ganz, ganz wichtig waren und sind, um uns zu verbessern. Ich bitte um die zweite Einspielung.

Hubert Wallner: Noch etwas ganz Wichtiges: Vorbereitung ist alles. Ich muss vorbereitet sein. Wenn ich jemanden interviewen will, dann muss ich über den so gut Bescheid wissen, dass ich fast seine Fragen beantworten könnte. Dann wird das Interview a G?schicht!

Brigitte Schreiner: Du machst das heute noch immer, du bist sehr aktiv bei uns, bei Freak-Radio, dazwischen war ein bisschen Pause, was hat Dich eigentlich bewogen, dann bei uns zu sagen, ja, da mache ich mit?

Hubert Wallner: Das Schlimmste für Multiple-Sklerose-Kranke ist der tägliche Stress. In dem Moment, wo der tägliche Stress weg war, ein Jahr lang, hab? ich mich erholt. Und dann wurde mir langweilig, und ich konnte wieder arbeiten.

Ihr habt damals redaktionell Schwierigkeiten gehabt, Ihr habt alle Behindertenvereine angeschrieben, und die haben diese Anfrage des ORF an die Selbsthilfegruppen weiter geleitet. So auch an die MS-Selbsthilfegruppe Auckenthaler, wo ich dabei bin. Und das war auch meine erste Sendung, eine MS-Selbsthilfegruppe stellt sich vor. So bin ich zum Radio gekommen. Ich muss dazu sagen, früher war es der Stress täglich, das schaffe ich nicht mehr. Ich schaff? fünf bis sechs Sendungen im Jahr."

Freak-Radio-Moderator: Das war vor fünf Jahren, und ich begrüße ihn ganz herzlich, Sie haben ihn sicher erkannt, er sitzt hier auf dem Podium, Hubert Wallner. Er ist interviewt worden von Brigitte Schreiner, die jetzt nicht mehr bei uns ist. Ich würde ganz gerne noch einmal die Frage stellen: Du arbeitest jetzt mittlerweile längere Zeit schon nicht mehr bei uns, bist uns aber verbunden, wie wir hier sehen, wie war denn das für Dich damals?

Hubert Wallner: Das war das Jahr 1993, das war für mich sehr wichtig, insofern, als ich die Diagnose bekam, MS (Multiple Sklerose). Da bin ich in ein tiefes Loch gefallen, hab? gedacht, jetzt ist alles aus, übermorgen sterbe ich.

Gar net wahr! Das Leben geht weiter, ich habe Gott sei Dank Leute gefunden, die mir geholfen haben. Der Mann, der die Diagnose gestellt hat, war der Primarius Kristoferitsch vom SMZ-Ost. Der hat mich an der Hand wieder zurückgeführt ins Leben. Und so ist dann eines zum anderen gekommen.

Die Stimme, die ich vom Herrgott gekriegt habe, ist zum Glück durch die Krankheit nicht weggegangen, und die hat mir viele Türen geöffnet. Und meine Stimme hat den ungeheuren Vorteil, und das sag? ich jetzt ganz leise unter Klammer, die Stimme ist so angenehm, dass die Leute eigentlich gar net genau zuhören, ob ich an Blödsinn red? oder net.

Und das war immer mein großer Vorteil. Dadurch habe ich viele Klippen umschifft. Ich war damals zum ersten und zum letzten Mal in meinem Leben auf Kur im Salzerbad, und da hab? ich zwei Frauen kennen gelernt, die mich irgendwie angesprochen haben, und haben gesehen, dem Kerl ist fad, und so kam ich zu Freak-Radio. Ja, das war?s!

Freak-Radio-Moderator: Danke vielmals, Hubert, ich muss aber sagen, wie immer bescheiden, stellst Du Dein Licht unter den Scheffel, wir haben viel von Dir lernen können, Du bist ein echter Radioprofi, warst das und bist das immer, und wirst es auch immer bleiben. Danke vielmals. Wie Sie wissen, ist Hubert Wallner vielen noch in Erinnerung als Moderator von "Autofahrer unterwegs" und um ein Auto geht?s auch in der nächsten Zuspielung, die jetzt allerdings schon aus 2005 ist.

Zuspielung Gerhard Wagner: Diesmal darf ich Ihnen zwei junge Kollegen und eine Kollegin vorstellen, die diese Sendung im Rahmen eines Medienseminars für die Lehrerausbildung absolviert haben. Zunächst wird Ihnen Andrea Teufel über eine junge Frau mit Behinderung berichten, die gerade den Führerschein machen möchte.

Musik

Andrea Teufel: Martina Canek ist 18 Jahre und erfolgreiche Absolventin der Handelsschule in Wien. Wie viele junge Menschen in ihrem Alter hat auch sie den großen Wunsch, den Führerschein zu machen, um unabhängiger und flexibler sein zu können.

Andere Leute sagen ihr immer wieder, dass sie es nicht schaffen wird. Aber warum soll sie es nicht schaffen, und selbst mit dem Auto fahren.

Martina Canek: Andere Leute sagen, dass ich es nicht schaffe, aber warum soll ich es nicht schaffen?

Freak-Radio-Moderator: Also, mittlerweile weiß ich, dass man in Wien nicht unbedingt ein Auto braucht, ich begrüße hier auch die Martina Canek, aber was sie mittlerweile geschafft hat, und das war viel wichtiger, die Martina Canek arbeitet jetzt mittlerweile im... aber das soll sie vielleicht selbst sagen!

Martina Canek: Ich arbeite seit einem Jahr im Innenministerium.

Freak-Radio-Moderator: ...und ist dort für Menschenrechte zuständig. Und das passt auch sehr, sehr gut für uns. Und auch das Thema Beruf und Arbeitswelt ist für uns ständig ein wichtiges Thema gewesen, und geblieben. Genauso auch wie Verkehr und Freizeit. Und natürlich auch Politik. Und jetzt bitte ich um die nächste Zuspielung.

Zuspielung Gerhard Wagner: Lea bestimmt derzeit den Rhythmus ihrer Mutter. Womit sie gleich zu Tagesbeginn schon anfängt.

Bernadette Feuerstein: "In der Früh ist es jetzt einmal so, dass als erstes die Lea zu uns ins Bett kommt, die dann meine Hand unter der Bettdecke hervor holt..

Schwedische Übersetzung: Hon har blivit så stor så hon förstår hur det funkar. Om hon till exempel vill sitta i mitt knä kommer hon och frågar: "Mamma upp?" ... Radio Independent Living har bett Freak Radio i Wien att göra ett program om hur människor med funktionshinder som behöver personlig assistans lever i den österrikiska huvudstaden. Vi har översatt och bearbetat programmet.

Freak-Radio-Moderator: Was Sie jetzt gehört haben, war schwedisches Radio, das eine Sendung von uns übernommen hat, zum Thema "Leben mit Behinderung in Österreich". Und das heißt, unsere Bemühungen, international zu sein, wurden im Jahr 2004 zum ersten Mal in die Realität umgesetzt.

Wir bringen auch immer wieder Themen von anderen Ländern, aber zugegebener Weise, das ist ein Punkt, wo wir uns noch ein bisschen mehr bemühen müssen, um noch internationaler sein zu können.

Bernhard Hruska, Du warst damals bei dieser Sendung auch dabei, über die Assistenz oder die verschiedenen Möglichkeiten in Österreich mit Behinderung zu leben, hast dort auch die Moderation gemacht, auch für die englischen Übersetzungen gesorgt, ich komm? dann nachher aber noch zu einem anderen Thema von Dir. Zu organisieren gab es immer relativ viel?

Bernhard Hruska, Freak-Radio Mitarbeiter: Ja das stimmt, es gab sehr viel zu organisieren, und es gab sehr viele unterschiedliche Anforderungen. Wir haben einfach immer irrsinnig viele neue Ideen gehabt, die gab?s natürlich umzusetzen.

Auch ich selber muss sagen, ich hab? sehr viele Ideen, und ein paar davon sind auch bei Freak-Radio umgesetzt worden. Wenn ich denke, hier im KulturCafe, das war eine Idee von mir, weil wir einfach nicht die Zeit gehabt haben. Wir sind zwei, drei Leute gewesen, wie schaffen wir es, 40 Stunden pro Woche zu arbeiten und jede Woche eine Sendung zu machen. Wir haben es einfach neben unserem 40-Stunden-Job gemacht. Daraufhin ist die Idee entstanden, mach? ma doch eine Livediskussion, und der Rainer Rosenberg hat sich dahinter geklemmt und zwei Wochen später haben wir einen Termin hier im KulturCafe gehabt.

Und seither senden wir einmal im Monat, jeden ersten Mittwoch, von hier Livesendungen. Und das Organisieren, klar, das ist ein Anspruch, dass man einfach aber auch die neuen Ideen umsetzt, dann hat man sie geschafft, und dann kann es sein, dass man eine neue Idee hat, und wir schaffen auch die neue Idee, weil wir in Wirklichkeit durch den Erfolg gestärkt sind, und für die neuen Ideen viel Kraft und Energie haben.

Und wenn ich jetzt denke, zehn Jahre Freak-Radio, dann muss man einfach sagen, wir schaffen mindestens zehn weitere Jahre würde ich mal sagen. Und wenn ich denke, wie viele Leute hier sind, die ehemals mitgearbeitet haben, das ist wirklich etwas, das zeigt Kraft, das zeigt Energie, und das zeigt eigentlich die Breitenwirkung auch von Freak-Radio.

Freak-Radio-Moderator: Ich würde sagen, bevor die zweite Musikeinspielung kommt, werde ich mich jetzt schon von den Hörern am Sonntag verabschieden. Eine einstündige Sendung gibt es dann am Dienstag im Anschluss an die Sendung und nach der Musik und nach dem Trailer, der dann noch kommen wird - für die Leute, die am Dienstag zuhören und für die, die hier im KulturCafe sitzen - geht?s gleich weiter.

Musik, Freak-Radio Trailer

Freak-Radio-Moderator: Ja, und jetzt begrüße ich Sie aus dem ORF-KulturCafe zum zweiten Teil unserer Sendung über zehn Jahre Freak-Radio und ich bin jetzt von unserer Gruppe von Freak-Radio in den Saal hinein gegangen, wo viele ehemalige Gäste und Interviewparter sitzen, und vor vier Jahren war einer unserer Interviewpartner der ehemalige Minister Mag. Herbert Haupt, der mittlerweile Bundesbehindertenanwalt ist.

Sie haben das Gleichstellungsgesetz federführend gestaltet. Es ist während Ihrer Zeit vorbereitet worden. Beschlossen worden ist es ja ein bisschen später. Und Sie sind jetzt für die praktischen Folgen dieses Gleichstellungsgesetzes zuständig, indem Sie sich nämlich bemühen, bei Anliegen von Menschen mit Behinderungen. Hätten Sie, aus heutiger Sicht, damals genau das Gleiche gemacht oder aus heutiger Sicht, würden Sie da ein paar Sachen anders machen?

Mag. Herbert Haupt: Ich habe damals weiter gehende Wünsche gehabt, als das Gesetz umfasst, das heute in Gültigkeit ist. Ich hätte mir auch alle anderen Gebietskörperschaften, Städte, Gemeinden und Länder mit eingebunden gewünscht.

Wir sehen es ja am Problem der Integration in der Schule, dass das Bundesgesetz alleine zu wenig ist und die Integration an der Schule und gerade in jungen Jahren einer wichtigen Zukunftslösung bedarf. Aber es gibt in der Politik immer wieder Momente, wo man sich entscheiden muss, eine Türe, die man aufmachen kann, aufzumachen. Oder so lange zu warten, bis man etwas Optimales umsetzen kann, und das unter Umständen erst am Nimmerleinstag.

Ich habe mich damals entschlossen, den Fuß in die Türe zu stellen - und Verbesserungen werden laufend erfolgen und man sieht es auch heute in der Umsetzung: Es ist nicht alles optimal, aber der Weg, der beschritten worden ist, ist ein richtiger. Für viele ist er ein zu langsamer, für die Betroffenen überhaupt, aber ich hoffe, dass wir irgendwann einmal doch den Standard der Länder wie Schweden, Norwegen, Finnland, Dänemark erreichen, dann können wir zufrieden sein.

Freak-Radio-Moderator: Also wir haben uns immer um Themen wie Gleichstellung und Integration gekümmert und damit beschäftigt, und das war ein ganz wichtiges Anliegen.
Aber auf der anderen Seite gab es auch ganz andere Themen, da gab es das Thema Freizeit, da gab?s Dokumentationen und eine ganz besondere Reportage wird die nächste Zuspielung sein.

Zuspielung, Sprecherin: Die Côte d?Azur ist mannigfaltig. Reich an Gegensätzen. Sie verbindet ideal die Berge und Meer, üppige Vegetation, und eine mit Stränden und Badeorten gesäumte Küste. Sie ist ein Land der Kontraste, wo man vom Meer aus mit dem Blick über die verschneiten Berggipfel streifen kann.

Richard Bauer: Ich bin gerade mitten auf dem Meer, auf einem sehr schönen Segelboot, lerne gerade von dem Skipper, dem das gehört, wie man so ein Boot führt. Wie man mit dem Wind fährt, wie man gegen den Wind kreuzt, das ist eine ganz interessante Sache.

Sprecherin: Richard Bauer lebt mit seiner Frau in Salzburg und schreibt als freiberuflicher Reisejournalist für Printmedien. Als Biker verknüpft er Hobby, Reiselust und Berufliches. Früher besaß er ein Boot mit Außenbordmotor, denn er liebt das Fischen. Das Meer mit seiner Vielfalt eignet sich zu diesem Zweck besser als Süßwasser. Als gelernter Koch versteht er auch die feine französische Küche und gerät bei Fischgerichten ins Schwärmen. Seit seinem Verkehrsunfall vor fünf Jahren benützt er als Paraplegiker einen mechanischen Rollstuhl.

Beim Anblick des Segelschiffes des Behindertensegelverbandes im Yachthafen in Antibes sorgt er sich im ersten Moment um die Zugänglichkeit für Rollstuhlfahrer.

Richard Bauer: Wie ich das Boot gesehen habe, habe ich mir gedacht, wie soll ich es jemals schaffen, auf dieses Boot zu kommen. Die Reling ist ungleich natürlich höher als der Boden, auf dem man sich befindet auf dem auch noch immer schwankenden Ponton, aber der Besitzer des Bootes hat schon sehr sehr oft scheinbar mit Behinderten zu tun gehabt und hat einen reichen Ideenschatz.

Freak-Radio-Moderator: Diese Einspielung, die Sie gehört haben, die hat eine unserer Mitarbeiterinnen, Frau Irmgard Kampas gestaltet. Sie war selbst dort. Man muss dazu sagen, die Frau Irmgard Kampas sieht nichts, und gemeinsam mit ihr hat damals diesen Beitrag auch Katharina Zabransky, die Präsidentin unseres Vereins, bearbeitet. Frau Zabransky, Freizeit, das war doch ein Thema, zu dem immer wieder Sendungen gemacht worden sind, auch von Ihnen. Welche Wichtigkeit hat der Bereich Freizeit?

Katharina Zabransky, stellvertretende Chefredakteurin: Freizeit ist sehr wichtig für behinderte Menschen und für nicht behinderte natürlich genauso. Mir fallen ein: Barrieren auf der Straße, in Häusern, bei Bussen, nicht vorhandene Rampen. Es ist hier etwa eine große Ausnahme, dass da eine Rampe liegt, ich hab sie zwei bis drei Mal in den letzten Jahren gesehen. Ich freue mich natürlich, wenn es eine Rampe gibt, aber es gibt insgesamt zu wenig. Das fällt mir zu Freizeit ein, es gibt zu wenig Rampen, zu wenig Aufzüge, usw.

Freak-Radio-Moderator: Sie haben öfters zum Thema Freizeit Sendungen gemacht, etwa über Schwimmen, Sie schwimmen selbst ab und zu auch ganz gern, wie sieht?s denn da aus?

Katharina Zabransky: Ja, Schwimmen in Wien ist leider auch nicht so leicht, weil die Bäder, die ich etwa kenne, und das sind drei, also nicht sehr viele, da ist nur eines wirklich gut, das ist witziger Weise vor einigen Monaten umgebaut worden und jetzt ist es schlechter als vorher für behinderte Menschen. Soetwas erlebe ich öfter.

Freak-Radio-Moderator: Frau Zabransky, Sie sind ja seit Beginn bei Freak-Radio dabei und kennen das jetzt wirklich sehr sehr gut. Waren jetzt auch bei Sendungen, die sehr aufwändig waren wirklich versucht, sehr professionell zu arbeiten. Was hat sich denn für Sie in diesen zehn Jahren oder neun Jahren verändert?

Katharina Zabransky: Es gab natürlich immer verschiedenste Mitabeiter, die verschieden viel Zeit investieren konnten, verschieden geschickt waren vielleicht.

Was hat sich verändert? Ich glaube, wir sind mehr oder besser ein bisschen in den ORF hineingerutscht. Ich könnte an dieser Stelle danken dem Alois Schörghuber, der uns unterstützt. Was hat sich noch verändert? Naja, alle sind älter geworden, (lacht).

Freak-Radio-Moderator: Man muss dazu sagen, dass Alois Schörghuber von Radio 1476 - das ist die Dachredaktion von Freak-Radio - der Koordinator ist - und auch uns von Freak-Radio öfters unterstützt hat. Dann bitte ich jetzt um die nächste Zuspielung.

Zuspielung, Ing. Alfred Sturmer: "Das ist ein ganz ein großer Problembereich, wir haben also in Österreich an die 7000 Eisenbahnkreuzungen, die technisch nicht gesichert sind, also nicht durch Lichtzeichen und nicht durch Schrankenanlagen. An sich heißt es ja in der Straßenverkehrsordnung, dass man sich mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu überzeugen hat, durch Sehen und Hören, das sind auch Dinge, die judiziert sind.

Jetzt ist aber der Schwerhörige oder der Gehörlose wirklich nicht in der Lage, akustische Signale des Zugs wahrzunehmen, und wir überlegen jetzt gerade auch in einer Arbeitsgruppe, wie wir dieses Mankos Herr werden können, ohne hier natürlich auch die Kosten extrem explodieren zu lassen.

Theoretisch dürfte ein Schwerhöriger, wenn er die Annäherung des Zugs nicht erkennen kann, also ein Ausflugsgebiet, eine Nebenbahnstrecke die durch den Wald führt - man sieht den Zug also wirklich erst unmittelbar vorher - dürfte der Schwerhörige diese Eisenbahnkreuzung ex lege eigentlich nicht überqueren."

Freak-Radio-Moderator: Das war ein Ausschnitt einer Sendung von 2004, Sie hörten Ing. Alfred Sturmer. Ich habe diesen Beitrag deshalb gewählt, um einfach zu zeigen, dass die Bandbreite verschiedener Themen und verschiedener Behinderungen für uns wichtig ist. Und da gehört eben auch Gehörlosigkeit oder Schwerhörigkeit dazu, wobei man sagen muss, beides ist unterschiedlich.

Unter anderem haben wir dazu und deshalb zu Anfang der 2000-er Jahre auch eine Homepage initiiert, wo sehr viele Sendungen von uns auch auf Textbasis da sind. Wir haben, mittlerweile über 100 Sendungen auf Textbasis auf der Homepage www.freak-radio.at.

Und ich begrüße hier in unserem Team Herrn Peter Sabitzer, der ebenfalls eine Hörbehinderung hat: Er ist technisch für die Homepage zuständig und er hat sie gestaltet. Und laufend werden Verbesserungen getätigt. Vielleicht können Sie uns sagen, was im Augenblick aktuell sich verbessert und was die aktuellen Neuigkeiten auf unserer Homepage sind?

Peter Sabitzer, technischer Mitarbeiter Freak-Radio: Also es gibt natürlich mehrere Artikel und Texte.

Freak-Radio-Moderator: Wir haben nicht nur ein System, das für alle Leute Zugriff bietet, sondern auch vor allem ein internes System. Wir haben auch die Möglichkeit zu sehen, wie viele Zugriffe wir pro Monat haben. Das hat sich jetzt in den letzten Jahren bei über 10.000 pro Monat eingependelt.

Vielleicht können Sie uns auch sagen, was gibt es denn für die internen Mitarbeiter, die bei Freak-Radio mitarbeiten, an Neuigkeiten, was da jetzt in der Homepage drinnen ist?

Peter Sabitzer: Ja die letzten Neuigkeiten, es gibt etwa einen Terminplaner, wo man sich anschauen kann, wer wann im Freak-Radio Studio sitzt, eingetragen ist.

Freak-Radio-Moderator: Da sollte man vielleicht auch noch was dazu sagen, seit einem Jahr dürfen die Mitglieder von Freak-Radio einen eigenen Raum im ORF benützen, der auch zugänglich ist, und das hat natürlich zur Integration hier sehr wesentlich beigetragen und ist auch ein überaus wichtiger Punkt gewesen.

Und die Homepage zeigt eben an, wer zu diesem Zeitpunkt im Raum ist. Wir haben drei Plätze, wenn sich also zwei schon angemeldet haben, dann kann man sich noch eintragen. Und an dieser Stelle möchte ich auch noch etwas sagen, dass wir in diesem Raum arbeiten können, haben wir zwei Institutionen zu verdanken, erstens dem Bundessozialamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland, das uns bereits vor mehr als drei Jahren diese Geräte, die dort drinnen stehen, finanziert hat, nebst Aufnahmegeräten und mit dem wir jetzt auch ein Projekt machen im Rahmen der Beschäftigungsoffensive der österreichischen Bundesregierung zum Thema Arbeit, Gleichstellung für verschiedene Menschen mit Behinderungen... Aber auf der anderen Seite haben wir das auch dem ORF zu verdanken, der uns die Möglichkeit gegeben hat, sich an das ORF-interne System anzuschließen und uns ein Gerät hingestellt hat, wo wir auch direkt ins ORF-eigene System DIGAS einspielen können, was sehr viele Vorteile hat. Zum Beispiel, dass wir auch die KulturCafe-Sendungen, die wir hier jetzt aufnehmen, sofort in unserem Studio auf CD brennen können - oder eventuell, wenn es notwendig ist, nachher noch bearbeiten können. Als weitere Liste drinnen ist auch eine Material-Liste, die funktioniert wie?

Peter Sabitzer: Ja, man kann sich anschauen, welche Geräte - also diverse Aufnahmegeräte und technisches Equipment - bei welchem Mitarbeiter registriert sind.

Freak-Radio-Moderator: Das heißt, man sieht das von außen und jeder kann sich anmelden und abmelden und man weiß ganz genau, bei wem welches Gerät ist. Wir haben auch derzeit ein aktuelles Projekt, finanziert von der Internet-Privatstiftung Österreich, das handelt von Untertiteln, vielleicht können Sie da noch ein paar Worte dazu sagen, was ist das?

Peter Sabitzer: Die Grundidee war die, dass wir zu einem Musikstück, MP3 oder Radiosendung Texte einblenden, und zwar nicht nur den laufenden, gesprochenen Text, sondern auch den Sprecher und eine prinzipielle Information zum Sprecher.

Freak-Radio-Moderator: Das heißt, das funktioniert dann so wie im Fernsehen, es ist im Radio oder es ist ein MP3 und man sieht immer wieder die Untertitel eingeblendet, sodass auch Leute, die das nicht so gut verstehen können, zusätzlich eine Sicherheit haben.

Es ist aber natürlich - so wie vieles was entwickelt wird für Menschen mit Behinderungen - auch weitergehend nutzbar, man kann etwa bei den Liedern die Texte einblenden, sodass man mal versteht, was da drinnen ist, oder bei bestimmten Texten oder bei unseren Sendungen dann auch Untertitel in anderen Sprachen einblenden.

Also etwa haben wir einmal eine englische Sendung gemacht und da haben wir jetzt deutsche Untertitel. Und vielleicht untertiteln wir auch einmal die schwedische Sendung. Herr Sabitzer, danke schön für Ihre Stellungnahme. Und ich bitte um die nächste Zuspielung.

Zuspielung Katharina Zabransky: Hallo und guten Abend zu einer weiteren Folge von "Diskussion gehört gelesen" und zu einer Freak-Radio Sendung. Das Thema ist: Der Übergang zum selbstbestimmten Erwachsenenalltag. Prinzipien und Praxis selbstbestimmter Leben.

In den Lehrgängen von QSI wurde das Thema Selbstbestimmt-Leben schon präsentiert, gebracht, unterrichtet - ich weiß nicht, wie man am besten sagen soll. Und ich nehme an - das wäre meine erste Frage an Sie Herr Mizelli - dass das eine Neuigkeit ist, dass das Thema "Selbstbestimmt-Leben" in einem Lehrplan oder im Unterricht vorkommt.

Wolfgang Mizelli: Die wesentliche Neuerung daran ist, dass die behinderten Menschen und die Eltern selber diese Lehrgänge entwickeln.

Katharina Zabransky: Und sind behinderte Menschen dann auch beim Lehrgang dabei, im Unterricht?

Wolfgang Mizelli: Es wäre ein bisschen komisch, wenn wir das nur entwickeln würden, und dann nicht selber unterrichten, wir sind also dabei. Das ist nämlich eine Grundprämisse! Das liegt daran, dass solche Lehrgänge nur von Menschen mit Behinderungen gehalten werden dürfen.

Katharina Zabransky: Kann man sagen, das ist im Sinne des "selbstbestimmt Lebens", wo es ja auch heißt: "Nichts über uns ohne uns"?

Wolfgang Mizelli: Genau.

Katharina Zabransky: Ich hätte noch zu Anfang sagen wollen, als Erklärung sozusagen, von "Diskussion gehört gelesen":
"Diskussion gehört gelesen" ist eine Kooperation mit Freak-Radio und dem ORF, und der Equal Entwicklungspartnerschaft QSI - Quality Supportet Skills for Integration, die sich der Qualitätssicherung in der Integrationsarbeit verschrieben hat. Die Selbstbestimmt-Leben-Initiative Wien gestaltet diese interaktive Kommunikationsplattform zum Thema Qualität in der Integration.

Freak-Radio-Moderator: Ja, nochmals Bernhard Hruska, das war ja eine Idee, die von Ihnen entwickelt worden ist - ich muss mich entschuldigen, ich spring jetzt immer von "Sie" ins "Du", weil es ist nämlich so, dass es ein Prinzip von Freak-Radio ist, dass wir an sich in Sendungen von Freak-Radio immer per "Sie" sind. Denn es gibt noch immer viele Journalisten, die Menschen mit Behinderungen mit dem Vornamen ansprechen oder duzen. Wir wollen auch darin zeigen.

Aber andererseits bin ich ja mit allen Leuten. die hier sitzen, per Du und jetzt kann es sein, dass ich manchmal springe. Nicht dass Sie sich wundern, wenn ich das sag?.

Aber kommen wir jetzt zurück. Man muss vielleicht noch eines sagen, es war eine der allerersten wirklich absoluten Livesendungen, das ist in der Minute, wo es gesagt worden ist, auch von den Radiogeräten zu empfangen gewesen. Das war doch eine spannende Zeit.

Bernhard Hruska: Das war sehr spannend, das war fast ein Jahr Vorbereitungszeit, und die Idee war einfach, Radio, das können ja eigentlich nur die nutzten, die es hören können. Was machen wir mit denen, die es eben nicht hören können, die gehörlos sind oder die gehörbehindert sind.

Ja, da war die Idee: Wir transkribieren das, wir schreiben das live einfach mit! Es war irrsinnig schwierig, wir hatten, wie gesagt, ein Jahr Vorbereitungszeit, und wir haben es dann aber geschafft. Wir haben einmal im Monat eine einstündige Sendung live gemacht- Dazu haben wir irrsinnig viel Technik gebraucht und die Studiotechniker narrisch gemacht, weil wir so viel Technik aufgebaut haben.

Weil wir da drei, vier Teams gehabt haben, die das hintereinander transkribiert haben. Und sind da mit einer Mannschaft von 15 Leuten gekommen und haben dann Radio mit Untertiteln gemacht. Es sind auch heute einige hörbehinderte oder gehörlose Menschen hier. Die Idee kam eigentlich von diesen. Wir haben mit ihnen gearbeitet.

Wie können wir es machen, wie schaut das aus, wie kann das überhaupt funktionieren? Und dann haben wir darüber diskutiert, und wir haben uns gefragt "Was ist das eigentlich?", und dann hat plötzlich jemand gesagt "Ja, das ist einfach Radio mit Untertiteln".

Freak-Radio-Moderator: Man muss auch sagen, das hat sich dann nach einiger Zeit eingespielt. Es ist wirklich fast live gemacht worden. Es ging nur nicht ganz so schnell, es wirklich synchron abzutippen, es gab dann immer eine Aufzeichnung eine Stunde vorher, die erste dreiviertel Stunde, aber die letzte viertel Stunde, die war wirklich live. Und da haben wir dann auch die Reaktionen von den Zuhörern auf diese Sendung gebracht.

Bernhard Hruska: Genau, das war auch die Idee. Wenn wir eigentlich live On Air sind können wir vom Publikum, das wir ja hier im KulturCafe live befragen können.

Aber wenn das österreichweit oder europaweit ausgestrahlt wird, dann kommen die Inputs eben per Mail. Diese Mails haben wir gesammelt, der Redakteur hat sie bekommen, und hat sie dann live in der Sendung mit hinein genommen. Das war dann sozusagen auch der Live-Einstieg. Ab dann sind wir wirklich live gewesen, da ist es nicht anders gegangen. Und es sind die Fragen, die Diskussionsbeiträge, aus den E-Mails wieder in die Diskussion eingeflossen.

Musik

Freak-Radio-Moderator: Sie hören "Zehn Jahre Freak-Radio", auf Mittelwelle 1476 und auch im Internet auf www.freak-radio.at. Wir haben jetzt über unsere zehn Jahre ein bisschen was gehört und ich habe hier bei mir Herrn Univ.-Prof. Dr. Fritz Hausjell, vom Institut für Publizistik. Ich wollte Sie fragen, Sie haben sich ja mit dem Thema "Journalismus und Behinderung", also mit behinderten Journalisten auseinander gesetzt. Viele gibt es ja eigentlich nicht.

Univ.-Prof. Dr. Fritz Hausjell: Ja, viele gibt es nicht, aber sie werden langsam mehr. Man muss auch sagen, dass wir uns in der Forschung in Österreich erst seit etwa fünf Jahren wirklich intensiv damit beschäftigen.

Ich glaube, dass - weil jetzt zehn Jahre Freak-Radio Bilanz gezogen wird - es ganz wichtig ist, dass es solche Initiativen gibt. Ich glaube jedoch, wenn wir die Perspektiven auf die nächsten zehn Jahre richten, dann würde ich mir wünschen, dass wenn wir hier oder an einem anderen Ort wieder zusammen sitzen, dass dann ganz viele von denen, die jetzt oder in den nächsten Jahren für Freak-Radio arbeiten, dann auch schon in anderen Medien arbeiten.

Vorrangig auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wo ich es als eine gesellschaftliche Aufgabe sehe, dass er sich breit öffnet und dem Rechnung trägt, dass es ein bunteres Bild braucht: Dass es ein realitätsnäheres Bild braucht von Menschen mit und ohne Behinderung. Und das ist - das zeigen die wissenschaftlichen Studien - eher erreichbar, wenn die Integration in diesem Beruf selber passiert.

Das ist auch eine Frage der Fairness, der Chancengleichheit. Es ist ein spannendes Berufsfeld, warum sollen da nicht auch Menschen mit Beeinträchtigungen arbeiten können? Dass sie es können, zeigen die internationalen Vergleiche. Es gibt mehrere Länder - Großbritannien wird immer genannt, skandinavische Länder, Spanien wird meistens vergessen - die zeigen, dass in diesem Bereich sehr vieles machbar ist, und dass es auch gemacht werden muss.

Ich glaube, dass das auch etwas vorantreiben wird, wo sich die Politik auch schwer tut, nämlich, dass es auch eine Bevormundung der Menschen ohne Behinderung ist, wenn Integration nicht passiert. Wir nehmen auch den Menschen, die keine Beeinträchtigungen haben, und die vielleicht später - etwa im Zuge eines Unfalls oder einer Erkrankung - in diese Situation kommen, die Möglichkeit, sich frühzeitiger zurecht zu finden und ein trotzdem spannendes Leben zu führen.

Und da gehören auch so banale Dinge wie - ich mag immer dieses Beispiel - ich ärgere mich darüber, wenn ich in einer Restaurantkritik diese einfache Information, ob das barrierefrei ist oder nicht, nicht dabei habe. Denn wenn ich mit Freunden dorthin gehe - und glücklicherweise gehören zu meinen Freunden auch solche die im Rollstuhl sind - dann will ich das eigentlich wissen. Und ich finde es eigentlich eine grobe Nachlässigkeit, wenn man das im Journalismus nicht macht.

Freak-Radio-Moderator: Wir hoffen natürlich auch alle miteinander, dass Freak-Radio nicht nur auf der Mittelwelle, sondern vielleicht breiter zu hören ist. Dass wir bei Livesendungen auch manchmal Herausforderungen haben, denen man mit Professionalität, vielleicht auch einer gewissen Schlagfertigkeit begegnen muss, das zeigt uns die nächste Einspielung.

Zuspielung Christoph Dirnbacher: Ich hör? gerade, die CD hat uns im Stich gelassen. Selber singen werd? ich Ihnen ersparen! Aber Reinhard Fendrich schrieb in "Es lebe der Sport": "Und wenn er?s überleben tut, dann wird er nachher interviewt". Selbiges habe ich jetzt vor mit Herrn Paul Bluschke vom Österreichischen Behindertensportverband.

Und als erstes möchte ich ihn gern fragen, was der Österreichische Behindertensportverband an Sportarten anbietet.

Paul Bluschke: Wir haben ein sehr breit gefächertes Sportangebot. Für körperbehinderte und für mental behinderte Sportler. Das reicht von Fußball, Tischtennis, Tennis, geht über Schwimmen, und dann zu einzelnen Spezialsportarten, die nur von einzelnen Behinderungsgruppen ausgeübt werden. Wie zum Beispiel Kleinfeldfußball oder Boccia für CP-Sportler.

Freak-Radio-Moderator: Ja, der Herr Dirnbacher, der diese Sendung moderiert hat, der steht jetzt - oder sitzt jetzt - neben mir. Livesendungen sind schon eine gewisse Herausforderung, aber gebaute Beiträge genauso.

Christoph Dirnbacher: Das ist richtig, ein gebauter Beitrag hat immer die Schwierigkeit, dass er doch einen Anfang und ein Ende hat und man dazwischen den Bogen halten soll.

Die Spannung aufrecht erhalten. Während man bei einer Livesendung, wenn was passiert, so wie eben in dieser Zuspielung, mehr oder minder gezwungen ist, zu improvisieren, weil eh nichts anderes übrig bleibt. Und man lieber an den Interviewpartner eine hoffentlich gute Frage weiterreicht, als selbst zu singen zu beginnen.

Freak-Radio-Moderator: Sie sind jetzt einer von denen gewesen, die - wie Sie in die Redaktion gekommen sind - schon eine journalistische Ausbildung hatten. Und können das wahrscheinlich aus einer anderen Warte beurteilen: Was hat sich denn Ihrer Meinung nach in den letzten - zumindest in den fünf Jahren - getan, seit Sie bei Freak-Radio mitmachen?

Christoph Dirnbacher: Was mir schon sehr positiv auffällt in den letzten fünf Jahren, ist dieses Hinwenden zu einem journalistischen Zugang. Also, auch wenn es uns vielleicht nicht bei jeder Sendung gelingt, professionell zu agieren, ein Anspruch ist da!
Und der muss auch da bleiben, und in diesem Sinne glaube ich, sollten wir den Blick in die Zukunft richten, aus Fehlern der Vergangenheit lernen, über das eine oder andere Hoppala schmunzeln, aber letztlich immer Professionalität anstreben.

Freak-Radio-Moderator: Als letztes würde ich gerne ansprechen in dieser Sendung - und die vielen Zuseher im Publikum des KulturCafes sehen das nämlich auch - dass wir ein neues Logo entwickelt haben. Und ich möchte jetzt gerne den, der uns dieses Logo entwickelt hat, fragen.

Ich möchte darauf hinweisen: die Hörer vor den Radiogeräten, die sehen es ja nicht. Für diese brauchen wir jetzt jemanden, der uns erzählt: Was steckt hinter diesem Logo, was waren die Gedanken, und wofür steht dieses Logo? Und ich begrüße jetzt den Herrn Jo Spelbrink, der dieses Logo auch entworfen hat, beziehungsweise den Gebärdendolmetscher, der für ihn spricht.

Ferdinand Leszecz für Jo Spelbrink: Ich bin Gebärdensprachbenützer. Und es sind heute bei der Veranstaltung zum Glück - und darüber freue ich mich sehr - einige gehörlose Personen, die daran teilnehmen. Ich möchte Ihre Frage jetzt natürlich in Gebärdensprache beantworten, und werde dabei gedolmetscht in Lautsprache.

Also das Ziel, dieses Logo umzuändern: Ich bin ja von Gerhard Wagner vor ein paar Monaten kontaktiert worden, wir haben uns immer wieder bei Terminen dazwischen getroffen, haben uns ausgetauscht, ich hab? mir diese Wünsche angesehen, was neu werden soll am Logo, wie man die Professionalität, die ja auch vorhin angesprochen wurde hier, mit in das Logo verpacken kann. Dann haben wir uns einen zeitlichen Rahmen ausgemacht, und dann, im März war es dann schon konkret, dass wir gesagt haben, gut, ich bin bereit, hier voll mitzutun, mitzuwirken, und hier dieses neue Logo von Freak Radio zu entwickeln bzw. hier mitzutun.

Freak-Radio gibt es ja mittlerweile bereits zehn Jahre, wir feiern das Jubiläum - und hier haben sich natürlich auch schon gewisse Traditionen eingebürgert - Werte die hier mit entstanden sind.

Es war mir auch wichtig, alle diese hier in respektvoller Weise mit einzubeziehen. Und in dem neuen Logo auch sichtbar zu machen! Das macht sich natürlich auch im neuen Logo bemerkbar.

Das alte Logo war sehr auffällig von seiner Symbolik her, es stellte einen Frosch dar, und hier wollte ich einen Konnex, einen Übergang schaffen zum neuen Logo. Und hier oberhalb des Schriftzuges sieht man diese grüne Bahn, das ist so eine Art Kombination von den Radiowellen, die ja ausgestrahlt werden, und auch die Zunge von dem Frosch, des alten Logos.

Also ein Frosch, der sozusagen symbolisch nach eine Fliege fängt, mittels seiner Zunge. Und das, glaube ich, passt auch ganz gut zur Sendung an sich, weil alle hier bemüht sind natürlich immer aktuelle Themen mit einzubinden und darauf Bezug zu nehmen. Und was uns natürlich auch sehr wichtig war, hier gemeinsam mit dem Team Rücksprache zu halten, um hier meinungsbildend ein entsprechendes Logo zu kreieren, mit dem alle leben können und mit denen sich alle identifizieren können.

Wir haben hier einen Workshop zur internen Entwicklung gemacht, und diese Ergebnisse sind hier auch in diese Symbolik, in dieses neue Logo mit eingeflossen. Es war uns ein Anliegen, dass das Symbol ebenso frech und aufgeweckt sein soll, wie das alte Logo und insofern ist diese Zunge sozusagen zumindest ansatzweise hier mit eingeflossen.

Freak-Radio-Moderator: Wir sind schon fast am Ende unserer Sendung. Vielleicht ergänzend zum Logo muss man auch sagen, dass das neue Logo die Möglichkeit bietet, dass wir verschiedene Logos haben können. Unter anderem auch für das Projekt "Selbstbestimmt mit allen Sinnen. Wege zur Gleichstellung, Wege ohne Diskriminierung", das wir in diesem Jahr ganz besonders ins Zentrum dieser Arbeit stellen: Deshalb werden 2007 zwölf Sendungen zum Thema "Gleichstellung" machen, und das Bundessozialamt unterstützt uns in diesem Anliegen.

Und da wurde in diesem Zuge auch ein Logo entwickelt, dass wir jetzt ebenso für Freak-Radio, für Freak-Online für Freak-Verein einsetzen können.

Ja, wir sind jetzt am Ende unserer Zehn-Jahres-Feier, ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre Anwesenheit, und ich verabschiede mich bis zum nächsten Mal - wie immer am Sonntag und Dienstag um 20:30 bei Freak-Radio. Auf Wiederhören!

Freak-Radio Trailer

Link speichern auf:addthis.comFacebookYiggItMister Wongstumbleupon.comdel.icio.usMa.gnoliaask.comdigg.comTechnoratiYahooMyWeblive.com
Seitenanfang