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Rubrik: Lesen statt Hören
09. Februar 2003

Pflegescheck statt freie Wahl der Assistenz I

von Gerhard Wagner

Freak-Radio: Herr Oechsner, Sie arbeiten in einer Beratungsstelle für selbstbestimmtes Leben, Sie sind selbst betroffen: Was halten Sie von den Ideen, die jetzt um das Pflegegeld durch österreichische politische Landschaft geistern?

Andreas Oechsner: Guten Tag. Die jüngsten Vorschläge von der SPÖ, aber auch gutgeißen von Teilen der ÖVP beweisen, dass beide Großparteien an einer chronischen Konzeptlosigkeit leiden. Das Thema Pflegescheckeinführung ist nicht neu. Es kommt jedes Jahr wie eine Art Deja-vus der SPÖ immer wieder auf den Tisch - und am Ende sieht man, dass es nicht funktioniert. Das Pflegegeld ist die meist evaluierte Transferleistung in Österreich und statt dass man auf die Ergebnisse von Studien achtet (da steht genau drin, in welche Richtung das Pflegegeld evaluiert worden ist) drischt man alte verkrustete Slogans wie Arbeitsplätze schaffen durch Pflegescheckeinführung: Dadurch wird in der Tat kein einziger Arbeitsplatz geschaffen.

Man vermeidet konsequent die Diskussion mit Betroffenen. Die Betroffenen hätten die Ideen zu Reformen, wie zum Beispiel die Assistenzgenossenschaft in Wien, wo um die Schaffung auch von qualitativen Arbeitsplätzen geht, aber das ist anscheinend nicht gewollt: Gewollt ist, wie ich vermute, dass man die eigene Klientel, dh. die eigenen Vereine auf roter wie auf schwarzer Seite damit unterstützen und subventionieren will. Das geht mit uns nicht. Mit uns geht es nur dann, wenn man mit uns diskutiert und kooperiert und an echten Reformen arbeitet.

Freak-Radio: Herr Pichler, was ist Ihnen durch den Kopf gegangen, als Sie von den Ideen und Plänen der letzten Zeit ghört haben, zynischerweise im Jahr der Menschen mit Behinderung?

Herbert Pichler: Ich war ganz klar schockiert. Wie Sie schon vorhin erwähnt haben, sind die Heimhilfedienste und Sozialdienste um vierzig Prozent gestiegen. Ich kann aus dem persönlichen Beratungsbereich als Ombudsmann der Dachorganisationen der Behindertenverbände nur mitteilen, dass Hilfs- und Heilmittel bis zu dreihundert Prozent gestiegen sind im Zeitraum 1993 bis jetzt, höhrere Selbstbehalte verlangt werden und Krankenkassen auch teilweise - ich kann da ein Beispiel aus der Praxis herausnehmen - nur mehr einen Teil, oft sogar nur einen ganz kleinen Teil von den benötigten Hilfs- oder Heilmittel bezahlen.

Als bestes Beispiel fällt mir ein: Für inkontinente Menschen werden jetzt im Zeitraum von einen Tag und einer Nacht, also in Summe bei 24 Stunden am Tag bei meisten Krankenkassen nur noch zwei Stück Windeln bezahlt! Der Rest gilt als Luxus und ist aus dem Pflegegeld zu bezahlen. Würde ich das sarkastisch betrachten, würde ich sagen: Was nützt es der pflegebedürftigen Person, wenn sie sich dann eine Heimhilfe weit überteuert leisten können muss, gerade noch, wenn sie den zusätzlichen Hygieneartikel, den sie dann fürs Wickeln benötigen würde, sich nicht mehr leisten kann? Und zusätzlich ist ganz klar:


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