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Rubrik: Lesen statt Hören
04. Juli 2004

Leben mit Behinderung in Österreich

von Bernhard Hruska

Sprecherin: Mittags bleibt die Heimhilfe von Montag bis Freitag eineinhalb Stunden, am Wochenende jeweils eine dreiviertel Stunde. - Das kalte Abendessen für Peter wird zu Mittag vorbereitet.
Auch wenn er krank ist, kommt Peter mit den zwei täglichen Terminen der Heimhilfe aus.

Peter lebt nicht in Partnerschaft. Bis vor kurzem teilte er die Wohnung mit seiner Mutter, die ende letzten Jahres verstorben ist. Er hat viele Freunde und Kontakte. Manchmal ist er tagelang nicht zu Hause. Es gibt diverse Verpflichtungen und Aufträge.

Peter Singer: Ich hab wirklich ein derart wunderschön ausgefülltes Leben mit Pflichten, dass ich gerne einmal eine Woche habe, wo ich nicht weg muss und meine Sachen aufarbeiten kann.

Sprecherin: Peter Singer hat ein ganz normales Verwandtschafts- und Bekanntschaftsleben, wie er selbst sagt. Seine Schwester, die Neffen und seine Nichte sieht er des öfteren.

Peter Singer: Ich möchte betonen, dass ich weder von der Familie abgelehnt bin, noch dass man nun meint, nur weil ich behindert bin, dass man kommen muss.
Das entspricht zum Beispiel voll meiner Auffassung von Integration.

Sprecherin: Peter hatte nie ein Erwerbs-Einkommen.Er bezieht eine kleine Waisenpension mit Ausgleichszulage, - und Pflegegeld.
Pro Monat muss er ungefähr 300 Euro für die 55 Heimhilfestunden bezahlen.
In der Woche hat er dreizehndreiviertel Stunden.

O-Ton: Ich arbeite nicht, ich bin sozialrechtlich immer noch das Kind meines verstorbenen Vaters.

Sprecherin: In Wien ist Peter vor allem mit dem Fahrtendienst unterwegs. Manche Wege erledigt er mit dem Rollstuhl. Öffentliche Verkehrsmittel benutzt er nur, wenn die Haltestellen günstig liegen. Vor Peters Haustür hält eine Linie der Niederflurstrassenbahn. Mit der fährt er manchmal.

Peter Singer: Primär fahre ich mit dem Fahrtendienst, aber wie zum Beispiel heute habe ich eine Vorstandssitzung, wo ich alleine mit dem Rollwagen hinfahre, und nach der Vorstandssitzung bringt mich jemand zur Straßenbahn.

Sprecherin: Auf Urlaub war Peter in den letzten fünf Jahren nicht. Heuer, nach dem Tod seiner Mutter, fliegt er für 17 tage zu seiner Cousine nach Deutschland. Im November fährt er zu einem Kongress nach Deutschland.

O-Ton: Früher war ich mit meinen Eltern in Italien, die letzten fünf Jahre war ich gar nicht weg und jetzt stehe ich vor einem Seminar in Deutschland, vierzehn Tage: ich fliege - und das allein!

Sprecherin: Peter Singer arbeitet seit ca. zehn Jahren als Tutor an der Universität Wien. Als Bezieher einer Waisenpension darf er aber nicht dazu verdienen. Er verzichtet daher auf sein Tutorengehalt.

Peters Verhältnis zu Mitstudenten in seiner Studienzeit war ausgezeichnet.- Sie waren gern bereit, für ihn mitzuschreiben. Er wurde von einem Hörsaal zum nächsten geschoben, bei gemeinsamen Mensabesuchen wurde er auch gefüttert.


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