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Rubrik: Freak-Science
10. Dezember 2008

Berufliche Aus- und Fortbildung für Menschen mit Lernschwierigkeiten in Österreich – Angebote und Erfahrungen.

von von Tobias Buchner & Wolfgang Orehounig

Sowohl Angehörige als auch Menschen mit Lernschwierigkeiten haben demnach berichtet, dass sie sehr früh unter Druck geraten sind, sich beruflich entscheiden zu müssen und zu wählen, welchen Tätigkeiten sie nachgehen möchten. Dieser Druck mündet sehr häufig darin, dass eine Integration in den ersten Arbeitsmarkt als sehr anstrengend wahrgenommen wird. Als Rückzugsmöglichkeit bleiben dann lediglich Beschäftigungstherapien. Die Werkstatt wird dann deshalb in Betracht gezogen, weil ein Mensch mit Lernschwierigkeiten dort immer einsteigen kann.

Spricht man von Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten (abgesehen von der Schule), ist das Angebot für Menschen mit Lernschwierigkeiten in Österreich generell sehr klein. Die klassische Fortbildung, wie ich sie mir oft im Rahmen meines Studiums vorgestellt habe, beispielsweise ein Seminar in Rhetorik oder Präsentationstechnik, existiert für Menschen mit Lernschwierigkeiten eigentlich so nicht, höchstens sehr vereinzelt im Zuge von speziellen Maßnahmen. Eine Ausbildung in Form einer Lehre, wie man sie im klassischen gesellschaftlichen Sinne versteht, ist das Beispiel der integrativen Berufsausbildung. Dem liegt zu Grunde, dass seit September 2003 das integrative Berufsausbildungsgesetz in Kraft ist. Ziel war es bei der Erstellung, gewissen Personengruppen den beruflichen Abschluss und die Eingliederung ins Berufsleben zu ermöglichen. Das kann im Rahmen einer verlängerten Lehrzeit stattfinden. Man kann die Lehrzeit beispielsweise von drei auf vier Jahre verlängern. Es gibt auch die Teilqualifizierungslehre, durch die man nur einen bestimmten Teil eines Berufsbildes erlernt. Diese Teilqualifizierung wird aber auch als abgeschlossene Ausbildung angesehen.

Die Zielgruppen für diese Ausbildungsprogramme sind Personen mit so genanntem »sonderpädagogischem Förderbedarf« am Ende der Pflichtschule, Personen ohne Pflichtschulabschluss oder mit negativem Hauptschulabschluss, behinderte Personen im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, oder auch am ersten Arbeitsmarkt »schwer vermittelbare« Personen.

Hervorzuheben ist dabei, dass die Ausbildung vorrangig in Lehrbetrieben erfolgt und an den Berufsschulbesuch gekoppelt ist. Gerade dieser Berufsschulbesuch ist etwas Neuartiges, das viele Vorgängermodelle, gerade von Teilqualifizierungs- oder Lehrmodellen, nicht enthielten. Die ersten Evaluierungen zeigen, dass die integrative Berufsausbildung gerade für Menschen mit Lernschwierigkeiten mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist. Auch im Bereich der Berufsschule. Viele BerufsschullehrerInnen sind aufgrund ihrer eher klassischen Ausbildung nicht in der Lage, differenziert auf die Lernbedürfnisse von allen Lernenden in den Berufsschulklassen einzugehen. Zudem sind in Bezug auf physikalische Barrierefreiheit auch die Rahmenbedingungen für integrativen Unterricht teilweise nicht gegeben. Es kam im Zuge der integrativen Berufsausbildung wiederum häufig zu einer Einrichtung von Sonderklassen in einzelnen Bundesländern. In einigen Bundesländern konnten zudem ähnliche Prozesse wie zuvor bei der Arbeitsintegration beschrieben beobachtet werden. Hier findet ein gewisses »Creaming« statt und Menschen mit Lernschwierigkeiten gehören eher nicht zu den AbsolventInnen. Die AbsolventInnen sind größtenteils Jugendliche mit Vermittlungsschwierigkeiten und/oder mit Migrationshintergrund. In diesen integrativen Ausbildungsmodellen ist der Druck für Menschen mit Lernschwierigkeiten enorm. Einzelbeispiele zeigen, dass die Personen, die es geschafft haben, einen extrem hohen familiären Support zur Verfügung hatten. Zudem haben jene Menschen mit Lernschwierigkeiten, falls sie eine Ausbildung auch wirklich zu Ende gebracht haben, diese meistens im Bereich der Teilqualifizierung geleistet und nicht im Rahmen von Modellen, bei denen es um die Absolvierung einer ganzen Lehre ging.


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